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Rituale machen stark - zuhause und in der Schule

Entwicklung und Erziehung
© detailblick-foto - Fotolia.com
von Ulrike Lindner

„Piep, piep, piep, wir haben uns alle lieb“ erklingt es beim gemeinsamen Essen, bevor alle Familienmitglieder beginnen. Ein Mini-Ritual und doch ein wunderbares Beispiel fĂŒr den Sinn und den Nutzen fester, geteilter Gewohnheiten.

Lesedauer:
3 min

Rituale begleiten das Leben, erleichtern den Alltag und geben im besten Fall Halt und Sicherheit. Sie begeben uns in vielfĂ€ltiger Form, angefangen von großen bedeutsamen Ritualen wie Taufe, Verlobung, Hochzeit oder Beerdigung bis hin zu alltĂ€glichen BrĂ€uchen wie Richtfest, Einschulung und Junggesellenabschied und kleinen Gewohnheiten wie dem Tischspruch oder dem Gute-Nacht-Kuss.

Neben den Ritualen, die jeder kennt und die – auch wenn nicht jeder sie praktiziert - doch zum Kitt gehören, der eine Gesellschaft zusammenhĂ€lt, gibt es in jeder Familie eigene, private Rituale, die nur hier praktiziert sind und die zeigen: Hier gehörst du hin. Die vorgelesen Schlafgeschichte, zu der sich Mama oder Papa mit ins Kinderbett kuschelt, der „Heile, heile, Segen“-Kuss, der ein aufgeschlagenes Knie im Nu besser macht oder der ganz besondere Geburtstagskuchen, der jedes Jahr gebacken wird, gehören dazu. Wie im Großen vermitteln auch die kleinen Rituale Sicherheit und das GefĂŒhl von Zugehörigkeit.

Rituale schaffen

Gerade fĂŒr Kinder ist das ungeheuer wichtig – sie lieben und brauchen feste AblĂ€ufe, KontinuitĂ€t und kleine Rituale. Oft ergeben sich diese BrĂ€uche von selbst, werden etwa von Mutter oder Vater aus der eigenen Familie mitgebracht. Andere, die ganz eigenen Familien-Rituale, die nur in dieser einen Familie genau so praktiziert werden, wachsen im Lauf der Zeit. Doch auch wenn viele Rituale fast wie von selbst entstehen, lohnt es sich, eigene Rituale zu entdecken und bewusst zu pflegen, damit sie sich fest in den Familienalltag einfĂŒgen. Denn Rituale:

  • vermitteln Sicherheit und Orientierung
  • sorgen fĂŒr Zugehörigkeit
  • UnterstĂŒtzen die psychische Robustheit, die Kindern hilft, mit Belastungen und RĂŒckschlĂ€gen klarzukommen
  • vermeiden viele lĂ€stige Diskussionen
  • setzen Zeit frei fĂŒr andere, schönere gemeinsame AktivitĂ€ten.

AnlĂ€sse fĂŒr Rituale zuhause

Familienrituale können zum Beispiel zum um das Aufstehen und Zubettgehen praktiziert werden. Vielleicht beginnt dann jeder Tag damit, dass Mama im Kinderzimmer die VorhĂ€nge aufzieht und das Licht ins Zimmer lĂ€sst. Oder mit dem gemeinsamen Hören der Morgen-Comedy im Radio wĂ€hrend des FrĂŒhstĂŒcks am KĂŒchentisch.

FĂŒr jĂŒngere Kinder bieten sich Rituale rund um die Körperpflege an. Der Handsalat beim HĂ€ndewaschen, bei dem Elternteil und Kind sich gegenseitig die HĂ€nde einseifen, oder das gemeinsame ZĂ€hneputzen vor der Gute-Nacht-Geschichte helfen dabei, solche AblĂ€ufe in den Alltag zu verankern, sodass RegelmĂ€ĂŸigkeit entsteht und das DurchfĂŒhren gar nicht erst in Frage gestellt werden.

Auch die gemeinsamen Mahlzeiten sind ideal fĂŒr Rituale. Es hat sich lĂ€ngst herumgesprochen, dass gemeinsam eingenommene Mahlzeiten fĂŒr die körperliche und seelische Gesundheit heilsam sind. Im Familien- der Freundeskreis essen wir langsamer und bewusster, tauschen uns aus und erleben Gemeinschaft. Mit kleinen Ritualen wie dem „Piep, piep, piep“-Gruß, einem freundlichen „Guten Appetit“ oder der Regel, dass Tablet und Smartphone außen vor bleiben, wird signalisiert, dass die Essenszeit der Familie gehört.

FĂŒr Kinder sind Abschieds- und BegrĂŒĂŸungsrituale ebenfalls wichtig. Das immer gleiche liebevolle Verabschieden an der KindergartentĂŒr oder bevor es zum Schulbus geht, machen klar: Mama oder Papa kommen wieder bzw. ist da, wenn ich heimkomme. Dasselbe gilt fĂŒr die BegrĂŒĂŸung - ein Ritual wie eine BegrĂŒĂŸung, ein „Hallo, ich bin zurĂŒck“, ein Pfiff oder Winken sind Zeichen fĂŒr KontinuitĂ€t und VerlĂ€sslichkeit und signalisieren: zu dieser Gruppe gehöre ich und ich bin wichtig.

Rituale in der Schule

Nicht nur zuhause, auch in der Schule strukturieren Rituale den Alltag, sorgen fĂŒr Orientierung und Verbindlichkeit. Davon profitieren Grundschulkinder besonders stark, doch auch OberstufenschĂŒlerinnen und -SchĂŒler wissen Rituale im Schulalltag zu schĂ€tzen.

Beim Lernen helfen Rituale, klare ZeitplĂ€ne und wiederkehrende Strukturen und AblĂ€ufe den Kindern, sich zu konzentrieren und im Alltag zurechtzufinden. Mögliche Elemente sind - Ă€hnlich wie im Kindergarten - feste Morgen- oder Abschlusskreise, bei denen die Kinder an einem Ort zusammenkommen und in geregelter, immer Ă€hnlicher Form ĂŒber Erlebtes, PlĂ€ne, Aufgaben und anstehende Ereignisse sprechen.

Weitere sinnvolle Möglichkeiten, Rituale in den Schulalltag zu integrieren sind:

  • Die regelmĂ€ĂŸigen, gleichbleibenden BegrĂŒĂŸungen und Verabschiedung – ein persönliches „Guten Morgen“ fĂŒr jedes Kind, das in den Klassenraum kommt (im Fremdsprachenunterricht in der Landessprache), ein LĂ€cheln oder ein gemeinsam gesungenes Lied zum Start
  • TĂ€gliche Hausaufgabenkontrolle
  • Signale wie der „Schweigefuchs“, die allen Klassenkindern bekannt sind und eingesetzt werden, um bestimmte Sachverhalte wie zu große LautstĂ€rke, noch fĂŒnf Minuten bis zum Ende der Arbeitsphase o.Ă€. zu signalisieren.
  • Tagesplaner mit farbigen Bildern, die im Klassenraum aufgehĂ€ngt werden und auch jungen GrundschĂŒlern zeigen, an welcher Stelle des Schultages sie sich gerade befinden.
  • das tĂ€glich gut sichtbar notierte Datum und der Wochentag sind wiederkehrende, verlĂ€ssliche Elemente, die zudem die GesetzmĂ€ĂŸigkeiten des Kalenders auf spielerische Art nahebringen
  • Belohnungssysteme wie Stempel oder andere Elemente, mit denen erfolgreich durchgefĂŒhrte Aufgaben belohnt werden
  • Einteilung von Klassendiensten und KĂŒmmerern, die fĂŒr bestimmte Aufgaben zustĂ€ndig sind
  • Geburtstagsrituale wie ein mitgebrachter Kuchen, ein Lied oder Geburtstagspost von den MitschĂŒlerinnen und -SchĂŒlern
  • Klassenfeste und andere Feiern
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Über den Autor/die Autorin
Foto der lernando-Autorin Ulrike Lindner

Ulrike Lindner hat Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der Hochschule der KĂŒnste, Berlin, studiert. Sie arbeitet als freie Journalistin, Werbetexterin und Moderatorin.

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