Vorbilder der Jugend – Influencer, Blogger und Co.

Entwicklung und Erziehung
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von Christine Kammerer
Jugendliche verbringen immer mehr Zeit im Internet und dort insbesondere auf den Sozialen Netzwerken. Sie suchen vor allem nach Zerstreuung und Unterhaltung, aber auch nach Idolen und Vorbildern. Und sie werden inzwischen durch eine ganze Reihe von Angeboten gezielt in ihren Einstellungen und in ihrem Verhalten beeinflusst.
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Jugendliche verbringen immer mehr Zeit im Internet und dort insbesondere auf den Sozialen Netzwerken. Sie suchen vor allem nach Zerstreuung und Unterhaltung, aber auch nach Idolen und Vorbildern. Und sie werden inzwischen durch eine ganze Reihe von Angeboten gezielt in ihren Einstellungen und in ihrem Verhalten beeinflusst.
Unternehmen ganz unterschiedlicher Branchen, selbsternannte Stilikonen und Konsumidole haben Jugendliche und junge Menschen ins Visier genommen. Ihre „heimlichen“ Marketing-Strategien sind allgegenwärtig. Sie verfolgen Teenager bis in ihr Kinderzimmer und verführen sie rund um die Uhr zum Konsum.

Jugendvorbilder: Wer oder was ist eigentlich ein Blogger, wer ein Influencer?

Jeder kann heute sein eigenes Medium im Internet gestalten. Zum Beispiel indem er sein Hobby auf einem Blog vorstellt. Ob Musik, Kochen oder Sport – es gibt heute Blogs zu praktisch jedem Thema. Auch über sehr persönliche Anliegen, Politik Gesundheit oder Soziales wird dort viel geschrieben. Ob und wie stark der Urheber eines solchen Mediums tatsächlich Einfluss nehmen kann auf seine Leser, das hängt natürlich von seiner Reichweite ab. Die lässt sich gezielt durch bestimmte Instrumente steuern. Sie ergibt sich vor allem daraus, wie gut ein Blogger vernetzt ist, wie viele Menschen ihm auf den Sozialen Netzwerken folgen und seine Inhalte teilen. Junge und unbedarfte Blogger gehen hier meist eher spielerisch vor. Gewiefte Influencer und solche, die es werden wollen, ziehen gezielt alle Register möglicher Marketing-Strategien. Man kann also – unabhängig vom Inhalt - im Wesentlichen zwei Typen von Bloggern unterscheiden:

1. eine breite Hobby-Blogger-Szene und
2. eine eher übersichtliche Anzahl professioneller Blogger, die gezielt Einfluss nehmen auf die Einstellungen oder das Verhalten ihrer Nutzergruppen (als Vorbilder fungieren) und daher auch als „Influencer“ bezeichnet werden.

Natürlich nehmen auch viele Journalisten, die über bestimmte Themen informieren wollen, mit ihren Blogs einen gewissen Einfluss auf ihre Leser. Zur Gruppe der Influencer zählen jedoch nur Personen bezeichnet, die aufgrund ihrer starken Präsenz und ihres hohen Ansehens in den sozialen Netzwerken als Träger für Werbung und Vermarktung in Frage kommen. Der Ansatz dieser professionellen Blogger ist natürlich immer auch strategisch ausgerichtet. Sie alle betreiben eine Art von Marketing – entweder für sich selbst oder für bestimmte Produkte und Dienstleistungen.

Dorf-Getuschel und Mund-zu-Mund-Propaganda

Marketing-Strategen haben herausgefunden, dass in unseren Köpfen uralte Mechanismen am Werk sind: Wir vertrauen jenen Personen am meisten, die uns nahe stehen und eine gewisse Autorität besitzen. So wie sich Gerüchte, die angeblich aus gut unterrichteten Quellen stammen, in einem Dorf am besten verbreiten, wenn sie hinter vorgehaltener Hand weitergetragen werden, verhält es sich auch mit Kauf-Empfehlungen.

Viele Produkte wie Bekleidung und Kosmetik, aber auch zum Beispiel Sportartikel und Diäten lassen sich gut verkaufen, wenn sie von einer Person angepriesen werden, die von der angepeilten Zielgruppe als kompetentes Vorbild wahrgenommen wird. Das müssen heute längst nicht mehr nur „Testimonials“ sein, also Prominente, Stars und Sternchen mit einem Image als „Lifestyle-Ikone“, das zu dem Produkt passt. Ganz normale Menschen, die nicht vordergründig Figuren des öffentlichen Lebens sind, sondern nur einen ganz bestimmten Lebensstil glaubwürdig verkörpern, sind dafür sogar noch viel besser geeignet.

Deswegen werden jene Blogger, die mit ihren regelmäßigen Publikationen bei einschlägigen Zielgruppen gut ankommen und sehr viele Nutzer erreichen, gerne von Vertretern großer Marken angesprochen. Sie werden von ihrem Publikum im Gegensatz zum Unternehmen selbst als „unabhängig“ und „neutral“ wahrgenommen, obwohl das in der Regel nicht der Fall ist.

Influencer Relations - der heiße Draht zu den Unternehmen

Influencer sind Vorbilder der Jugend und nehmen großen Einfluss auf ihre Community und sie verdienen damit gutes Geld. Sie verfassen scheinbar subjektive Berichte zu bestimmten Produkten und Dienstleistungen und lassen sich diese Posts von den Unternehmen, die sie damit bewerben, teuer bezahlen. Das ganze hat sich regelrecht zu einem eigenen Industriezweig gemausert und nennt sich verharmlosend „Influencer Relations“.

Fakt ist jedoch, dass die meist sehr jungen Follower mehr oder weniger aggressiv zum Konsum animiert werden. Das geschieht häufig, ohne dass die Jugendlichen überhaupt wahrnehmen, dass es sich bei einem Großteil der Texte und Filme ausdrücklich um Werbung handelt. Sie identifizieren sich mit bestimmten Idolen wie zum Beispiel den jungen Lifestyle-Bloggern so stark, dass sie deren Style nachahmen und am liebsten auch 1:1 nachkaufen möchte. Die jungen Internet-Stars besitzen bei dieser Altersgruppe inzwischen sogar höheres Ansehen als Schauspieler oder Sportler. Vor allem auch deswegen, weil sie etwas erreicht haben, was vielen Jugendlichen über die Maßen erstrebenswert erscheint: Influencer sind in ihren Augen beliebt, berühmt und erfolgreich. Und sie besitzen offenbar Geld genug, um all ihre Träume zu verwirklichen. Sie verkaufen nicht nur ein Produkt, sondern einen Lebensstil.

Influencer verkörpern Traumwelten Jugendlicher

Influencer verkörpern in den Augen vieler Teenager das Leben so, wie es sein sollte – vom Kaffeegenuss am Morgen über das richtige Outfit und den korrekten Mittags-Snack bis hin zu den Möbeln, mit denen sie sich in ihrem Heim umgeben, der Freizeitbeschäftigung und der angesagten Klamotte am Abend.

Früher sahen Jugendliche fern, heute gucken sie Vloggs, also die Video-Tagebücher anderer junger Menschen. Diese nehmen das junge Publikum angeblich mit in ihr eigenes Leben, doch was sie tatsächlich abfilmen ist meist von A bis Z inszeniert. Mal peinlich, mal originell und mehr oder weniger professionell. Das Bedenkliche dabei ist, dass viele Jugendliche noch nicht die Urteilskraft besitzen um Inszenierung und Realität zu unterscheiden. Dass sie häufig nicht genug Selbstbewusstsein haben, um sich von den gesetzten Normen zu distanzieren und ihren eigenen Style zu entwickeln. Und dass das vermeintlich perfekte Leben ihrer Vorbilder und Idole einen ziemlich hohen Preis hat: Wenn man die Kosten für die Produkte und Dienstleistungen addiert, die von den Influencern tagtäglich konsumiert werden, dann kommen meist schnell Beträge zusammen, von denen normale Teenager – und natürlich auch die meisten Erwachsenen - nur träumen können.

Bleibt schließlich noch der Berufswunsch Influencer. Doch auch da machen sich viele Jugendliche nicht wirklich klar, mit wie viel Aufwand ein solches Leben erstritten werden muss und dass es natürlich auch hier nur die allerwenigsten tatsächlich gelingt, in den Olymp der berühmten und erfolgreichen vorzudringen.

Links

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Über den Autor/die Autorin
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Christine Kammerer, Politologin M. A., Heilpraktikerin (Psychotherapie), freie Journalistin und Trainerin. Berufliche Stationen: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Bundeszentrale für politische Bildung, Deutscher Kinderschutzbund.

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