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Bewegung macht stark – Kinder richtig fördern

Rennende Kinder im Freien
Freizeit und Erholung
© Christian Schwier - Fotolia.com
von Ulrike Lindner

Laufen, Klettern, Toben, Springen – Bewegung ist fĂŒr Kinder das NatĂŒrlichste der Welt. Vom Babyalter an lieben die meisten es, in Aktion zu sein. Sobald die Kleinsten gelernt haben, auf zwei Beinen die Welt zu erkunden, haben Eltern oft ihre liebe MĂŒhe, den Nachwuchs nicht aus den Augen zu verlieren, so groß ist der Drang sich zu bewegen.

Lesedauer:
5 min

Doch je Ă€lter die Kinder werden, desto weniger beweglich sind sie. Schon DreijĂ€hrige, so eine schottische Studie, verbringen etwa Dreiviertel ihrer Zeit nicht tobend, sondern sitzend. Der Prozentsatz an „intensiver Bewegung“ liegt bei ihnen bei nur zwei Prozent. Auch in Deutschland ist die Situation nicht besser. Eine Langzeit-Studie ergab vor Kurzem, dass deutsche MĂ€dchen und Jungen sich zwar inzwischen wieder etwas mehr bewegen, als noch vor einiger Zeit, aber dass noch immer weit weniger Bewegung ĂŒblich ist, als wĂŒnschenswert wĂ€re.

Nach Ansicht von Experten fehlt Kindern von heute vor allem die Bewegung im Alltag. Viele Kinder und Jugendliche seien zwar in Sportvereinen angemeldet (im Grundschulalter sogar rund 80 Prozent) oder wĂŒrden als Jugendliche in Fitnesscenter gehen. Doch die von Fachleuten geforderten 60 Minuten Bewegung am Tag erreichen nur die Allerwenigsten.

Bewegung macht stark und ist wichtig!

Bewegung gilt als ein SchlĂŒsselfaktor fĂŒr eine gute und gesunde Entwicklung. Das gilt fĂŒr die körperliche Entwicklung ebenso, wie fĂŒr die geistige. Spielen und Toben trainieren Herz und Kreislauf, regen den Stoffwechsel an, verbessern Atemleistung und Ausdauer, krĂ€ftigen die Muskeln, verbessern die Haltung, stĂ€rken die Knochen, regen das Gleichgewichtssystem an, fördern Koordination und Geschicklichkeit, schulen die Wahrnehmung und fördern die Entwicklung der Sinnesorgane.

Wer sich bewegt, wird klĂŒger

Auch die Entwicklung des Denkapparats kommt nur durch körperliche Bewegung in Gang. Sportmediziner wissen, dass Bewegung die Leistungs- und LernfĂ€higkeit steigert. Das liegt daran, dass Bewegungsreize im Gehirn fĂŒr den Aufbau von Nervenverbindungen und Vernetzungen gebraucht werden. Weil die Entwicklung von Feinmotorik und Sprachentwicklung im Gehirn eng verzahnt sind, zeigen sich beispielsweise mangelnde Bewegungsreize in der sprachlichen Entwicklung.

Ähnliches gilt fĂŒr das rĂ€umliche Vorstellungsvermögen, das etwa fĂŒr mathematisches VerstĂ€ndnis wichtig ist. Je besser und sicherer sich ein Kind im realen Raum orientieren kann, je ausgeprĂ€gter Gleichgewichts- und Orientierungssinn sind, desto sicherer funktioniert auch das VerstĂ€ndnis im Zahlenraum. Studien haben gezeigt, dass eine Beziehung besteht zwischen der FĂ€higkeit, rĂŒckwĂ€rts zu laufen und zu subtrahieren.

Ganz allgemein lĂ€sst sich feststellen, dass Kinder ihre Umwelt aus der eigenen Bewegung heraus erfahren und erforschen. Wenn sie rennen, werfen oder balancieren, machen sie physikalische Grunderfahrungen, die ihnen spĂ€ter beim VerstĂ€ndnis dieser ZusammenhĂ€nge helfen. Nicht zuletzt unterstĂŒtzt ausreichende Bewegung die KonzentrationsfĂ€higkeit und vermittelt, weil sie oft im Team oder in der Gruppe geschieht, wichtige „Soft Skills“ wie Fairness, Ausdauer, Regeln einhalten und RĂŒcksicht nehmen.

Doch wĂ€hrend FrĂŒhförderung im sprachlichen und mathematischen Bereich in aller Munde ist, hört man von Bewegungsförderung eher selten. Allenfalls fĂŒr ĂŒbergewichtige oder kranke Kinder, die aufgrund ihres Gewichts schon unter Bluthochdruck und Diabetes leiden, wird Bewegungsförderung bereitgestellt.

Bewegung fördern

Bewegungsförderung gehört fĂŒr alle Kinder auf den Plan, am besten tĂ€glich. So kann sie funktionieren:

  • Eltern sollten zu allererst mit gutem Beispiel vorangehen. Wer sich selbst viel bewegt, Sport treibt und Zeit im Freien verbringt, statt vor dem Fernseher zu sitzen, setzt in der eigenen Familie den richtigen Impuls.
  • Schlechtes Wetter ist keine Entschuldigung! Mit Gummistiefeln wird die PfĂŒtze zum sinnlichen Erlebnis und zum Experimentierfeld. Mit MĂŒtze und Kapuze lĂ€sst sich auch kĂŒhles Wetter gut im Freien aushalten.
  • Bewegung im Verein oder bei sportlichen AktivitĂ€ten ist wichtig. Doch vor allem der Alltag bietet eine Vielzahl von Situationen, in denen Kinder aktiv werden können. Binden Sie Kinder frĂŒhzeitig in die AlltagsaktivitĂ€ten wie Zimmer ausrĂ€umen, MĂŒll runterbringen, Treppen steigen oder einkaufen gehen ein. Zusammen mit gemeinsamen Freizeit-AktivitĂ€ten wie zusammen schwimmen gehen, Ballspielen, HĂŒpfspielen, Fangen, Klettern Radfahren oder Roller fahren kommt so schon einiges an „Bewegungszeit“ zusammen.
  • Ein Umfeld, das Kinder zum Bewegen anregt, braucht keine teuren GerĂ€te und auch nicht unbedingt einen eigenen Garten. Ein paar Stöcke, Pappkartons oder ein ausgedienter Blumentopf reichen aus, um im Freien fantasievolle Spielideen zu entwickeln – am liebsten gemeinsam. Matratzen, Sofas, Verkleidungsmaterial und Decken machen die Wohnung zum Erkundungs- und Bewegungsraum.
  • Kinder finden oft in ihrem Alltag weder freie, nicht verplante RĂ€ume, noch ausreichend Zeit zum Spielen und Bewegen. Vor allem durch zeitliche FreirĂ€ume schaffen Eltern aber erst die Voraussetzung, dass freie Bewegung möglich ist.
  • Elterliche Gelassenheit und Vertrauen in die Kinder sind notwendig, damit eigene (Bewegungs-) Erfahrungen möglich sind. Wenn ein Kind immer gehalten wird und somit nicht fallen „darf“, lernt es auch nicht, sich abzufangen und damit die Sturzfolgen zu minimieren, bzw. Risiken richtig einzuschĂ€tzen.
  • Regeln helfen. Eltern sollten daher die Zeit, die vor dem Fernseher, am Computer oder Tablet verbracht wird, beschrĂ€nken. Kinder unter sechs Jahren sollten höchsten 30 Minuten tĂ€glich vor dem Bildschirm verbringen, 6- bis 12-jĂ€hrige maximal eine Stunde und Kinder ab 12 Jahren maximal zwei Stunden.
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Über den Autor/die Autorin
Foto der lernando-Autorin Ulrike Lindner

Ulrike Lindner hat Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der Hochschule der KĂŒnste, Berlin, studiert. Sie arbeitet als freie Journalistin, Werbetexterin und Moderatorin.

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