Gibt es ein Leben ohne WLAN?

Freizeit und Erholung
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von Christine Kammerer
Das Internet hat unseren Alltag vollständig erobert. 50 Millionen Deutsche sind inzwischen online. Online? Heute geht man nicht mehr Online! Das Internet ist schlicht allgegenwärtig - per WLAN. Es surrt und piept in einem fort, fast ohne Unterbrechung. Mal geht eine E-Mail ein, dann wieder eine Whatsapp-Nachricht. Auch Kinder kommen heute immer früher mit den Versuchungen des Internet in Kontakt. Und sie können ihnen noch viel weniger widerstehen als ihre erwachsenen Vorbilder.
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Das Internet hat unseren Alltag vollständig erobert. 50 Millionen Deutsche sind inzwischen online. Online? Heute geht man nicht mehr Online! Das Internet ist schlicht allgegenwärtig - per WLAN. Es surrt und piept in einem fort, fast ohne Unterbrechung. Mal geht eine E-Mail ein, dann wieder eine Whatsapp-Nachricht. Auch Kinder kommen heute immer früher mit den Versuchungen des Internet in Kontakt. Und sie können ihnen noch viel weniger widerstehen als ihre erwachsenen Vorbilder.

Die Internetaktivitäten der Sprösslinge führen heute in vielen Familien zu Problemen. Viele Kinder zeigen eine auffällige Unruhe und reagieren gereizt, wenn sie nicht Online sein dürfen. Und immerhin elf Prozent der Jugendlichen zwischen 12- und 17 haben sogar schon mehrfach erfolglos versucht, ihre Internetnutzung selbst zu beschränken. Das Forsa-Institut hat eine repräsentative Studie durchgeführt und dabei Eltern zum Internet- und Computergebrauch ihrer 12- bis 17-jährigen Kinder befragt. Laut der Hälfte der befragten Eltern bleibt das Kind länger online als vorgenommen. 22 Prozent der 12- bis 17-Jährigen fühlen sich ruhelos, launisch oder gereizt, wenn sie ihre Internetnutzung reduzieren sollen. Etwa jedes zehnte Kind nutzt das Internet, um vor Problemen zu fliehen. Bei sieben Prozent der Kinder gefährdet das Suchtverhalten bereits wichtige zwischenmenschliche Beziehungen oder Bildungschancen.

Problematisches Verhalten oder schon Internetsucht?

„Man muss das Bewusstsein stärken, dass Online-Spiele und soziale Netzwerke eine hohe Bindungskraft haben können. Jugendliche kommen immer früher in Kontakt mit einem potenziell abhängig machenden Verhalten“, so Professor Falk Kiefer von der Deutschen Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie. Nach einer Studie aus dem Jahr 2011 sind bereits mehr als 560000 Menschen in Deutschland internetabhängig – Tendenz weiter steigend. Betroffen sind auch rund vier Prozent der 14- bis 16-Jährigen, Mädchen etwas häufiger als Jungen. Kiefer mahnt: "Je früher internetbasierte Spiele und Medien für Jugendliche verfügbar sind und schon ins Kinderzimmer einziehen, desto mehr ist zu erwarten, dass die Zahlen weiter zunehmen." Ausschlaggebend für die Klassifizierung als „Internetsucht“ ist nicht die Zeit, die jemand vor dem Bildschirm verbringt, sondern die negativen Konsequenzen, die durch den exzessiven Konsum zum Beispiel von Spielen oder Aktivitäten in sozialen Netzwerken entstehen. Süchtige lassen in der Schule nach, ziehen sich mehr und mehr zurück und verlieren die Kontrolle über ihren Internet-Konsum. Sie blenden diese Konsequenzen aus oder nehmen sie einfach in Kauf.

Eltern - Regeln für ein Leben mit / ohne WLAN

Kinder im Vor- und im Grundschulalter sollten auf jeden Fall feste Regeln zum Umgang PC, mit Laptop oder mobilen Geräten mit auf den Weg gegeben werden. Außerdem sollten Eltern ihre Kinder zu einem möglichst sicheren und verantwortungsbewussten Umgang mit dem Internet anleiten. Deswegen sollten sie
  • gute Vorbilder sein. Eltern, die selbst exzessiv surfen, spielen, chatten etc., wird es sehr schwer fallen, ihre Kinder zu vernünftigem Verhalten zu animieren.
  • gut informiert sein, zum Beispiel über jugendgefährdende Inhalte, das Suchtpotenzial oder Altersgrenzen sowie über die Internet-Vorlieben ihrer Kinder.
  • Grenzen setzen: Wann, Wo und Was klar definieren!
  • Alternativen anbieten: Auf eine ausgewogene Freizeitgestaltung ihrer Kinder achten.
Die Empfehlungen des Internationalen Zentralinstitut für Jugend- und Bildungsfernsehen:
  • Nutzungsdauer (PC, Spielkonsolen) max. 45 Minuten am Tag für Kinder im Alter 7-10 Jahre bzw. max. 1 Stunde für Kinder im Alter 11-13 Jahre und max. 1,5 Stunden am Tag ab 14 Jahre
  • PC im eigenen Zimmer ab 12 Jahre, Regeln vereinbaren (z. B. nicht nachts spielen)
  • Internetzugang nicht unter 8 Jahre, ab 8 Jahre nur für Kinder geeignete Seiten unter Aufsicht, ab 12 Jahre auch alleine
  • Chatten nicht unter 8 Jahre, ab 8 Jahre nicht ohne Kontrolle und nur für Kinder geeignete Angebote, ab 11 Jahre Regeln vereinbaren.

Jugendliche - Regeln für ein Leben mit / ohne WLAN

Jugendliche können „zeitweise ein problematisches Verhalten haben, aber es muss nicht in eine Sucht hineinlaufen. Es ist entscheidend, frühzeitig mit Betroffenen zu reden und Grenzen auszuhandeln," so Suchtexperte Kiefer. Oft stellen Jugendliche selbst fest, dass sie sich die zeitliche Begrenzung, die sie sich vorgenommen haben, nicht einhalten können. Dann sei es an der Zeit, über Lösungsmöglichkeiten zu sprechen. Die sollten den Jugendlichen aber nicht aufgezwungen werden. Besser ist es, erwünschtes Verhalten entsprechend zu belohnen.

Feste Zeiten

Lege Zeiten fest, zu denen Du Offline gehst. Verzichte wenigstens einige Tage in der Woche zwischen 21.00 Uhr abends und 7.00 Uhr morgens vollständig auf Deinen PC und Deine Mobilgeräte. Schalte die Geräte nach Möglichkeit an einem Tag in der Woche, zum Beispiel am Sonntag, ganz ab.

Familie/Freunde gehen vor

Triff mit Deiner Familie und engen Freunden eine feste Abmachung: Bei gemeinsamen Mahlzeiten o. ä. Treffen dürfen keine Mobilgeräte benutzt werden.

Das Leben hat Priorität

Lass Dich niemals zu einer sofortigen Reaktion auf eine Nachricht zwingen, selbst wenn Dein Gesprächspartner die Prioriät auf "sehr, sehr hoch" gestellt und seinen Text mit ganz vielen Ausrufezeichen versehen hat.

Gute Umgangsformen

Sage Deinen Freunden / Familienmitgliedern, dass es unhöflich ist, ein Gespräch mehrfach für ein Telefonat oder das Schreiben / Empfangen von Nachrichten zu unterbrechen.

Links:

Süchtige Kinder, hilflose Eltern
http://www.aerztezeitung.de/panorama/article/918613/internet-sucht-suechtige-kinder-hilflose-eltern.html

Ärzte warnen vor Smartphone-Sucht bei Jugendlichen
http://www.derwesten.de/wirtschaft/digital/ohne-handy-existiere-ich-nicht-ohne-facebook-bin-ich-tot-id9599313.html

Suchtrisiko mobile Kommunikation
http://www.fleetnet.de/suchtrisiko.html

Internetsucht: Eltern geben Kindern oft keine Regeln
https://www.dak.de/dak/bundes-themen/Internetsucht_im_Kinderzimmer-1728418.html

Internationales Zentralinstitut für Jugend- und Bildungsfernsehen
http://www.br-online.de/jugend/izi/deutsch/home.htm

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Themen:
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Über den Autor/die Autorin
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Christine Kammerer, Politologin M. A., Heilpraktikerin (Psychotherapie), freie Journalistin und Trainerin. Berufliche Stationen: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Bundeszentrale für politische Bildung, Deutscher Kinderschutzbund.

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