Grenzen bei Scherzen

Entwicklung und Erziehung
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von Hildegard Dierks
Zunächst einmal ist gemeinsames Lachen positiv. Es wirkt sich günstig auf unser seelisches und körperliches Wohlbefinden aus, weil Stresshormone reduziert werden. In einer Klassengemeinschaft, in der gelacht wird, werden Spannungen und Konflikte leichter abgebaut. Gleichzeitig kann es das Zusammengehörigkeitsgefühl und die Kreativität steigern. Leider haben auch viele Scherze und Witze das Potenzial kränkend zu sein oder gehen auf Kosten einzelner Personen.
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Zunächst einmal ist gemeinsames Lachen positiv. Es wirkt sich günstig auf unser seelisches und körperliches Wohlbefinden aus, weil Stresshormone reduziert werden. Wer viel lacht, ist im Großen und Ganzen gesünder. Das sog. Lachyoga geht sogar soweit, dass man ausgehend vom „grundlosen Lachen“ zum echten Lachen kommen kann und so gezielt die positiven Effekte des Lachens herbeiführen kann. Lehrerinnen und Lehrer kennen fast alle aus ihrem Schulalltag, Teenager, die sich „ausschütten“ vor lachen. Für Außenstehende bleibt es oft verborgen, was denn bei dieser Gelegenheit so lustig ist. Kinder, die es schwer haben, weil sie beispielweise krank sind, werden im Krankenhaus von Krankenhaus-Clowns besucht, um sie zum Lachen, zumindest zum Lächeln zu bringen. In einer Klassengemeinschaft, in der gelacht wird, werden Spannungen und Konflikte leichter abgebaut. Gleichzeitig kann es das Zusammengehörigkeitsgefühl und die Kreativität steigern. Es ist erstaunlich, wie viel Humor in uns steckt, obwohl viele Scherze und Witze, das Potenzial haben, kränkend zu sein.

Lachen ist gesund und positiv


Zunächst einmal ist gemeinsames Lachen positiv. Es wirkt sich günstig auf unser seelisches und körperliches Wohlbefinden aus, weil Stresshormone reduziert werden. Wer viel lacht, ist im Großen und Ganzen gesünder. Das sog. Lachyoga geht sogar soweit, dass man ausgehend vom „grundlosen Lachen“ zum echten Lachen kommen kann und so gezielt die positiven Effekte des Lachens herbeiführen kann. Lehrerinnen und Lehrer kennen fast alle aus ihrem Schulalltag, Teenager, die sich „ausschütten“ vor lachen. Für Außenstehende bleibt es oft verborgen, was denn bei dieser Gelegenheit so lustig ist. Kinder, die es schwer haben, weil sie beispielweise krank sind, werden im Krankenhaus von Krankenhaus-Clowns besucht, um sie zum Lachen, zumindest zum Lächeln zu bringen. In einer Klassengemeinschaft, in der gelacht wird, werden Spannungen und Konflikte leichter abgebaut. Gleichzeitig kann es das Zusammengehörigkeitsgefühl und die Kreativität steigern. Es ist erstaunlich, wie viel Humor in uns steckt, obwohl viele Scherze und Witze, das Potenzial haben, kränkend zu sein.

Klassenclowns im Unterricht - Ein Problem


Fast in jeder Klasse gibt es einen Klassenclown, der durch sein Verhalten und seine „lustigen“ Äußerungen sich selbst und andere zum Lachen bringt. Aus psychologischer Sicht ist so ein Verhalten oft ein Kompensationsverhalten, um beispielsweise von etwas abzulenken oder um Anerkennung bei Lehrern und Mitschülern zu erhalten, die sonst ausbleibt. Viele Komiker, die wir aus Funk und Fernsehen kennen, waren früher nach eigenem Erleben schon „erfolgreiche“ Klassenclowns. Sie waren in ihrer Kindheit oft anders als andere Kinder: Sie waren beispielweise besonders klein, die Eltern waren verstorben oder arm. Sie lebten in beengten häuslichen Verhältnissen. Mit Scherzen und Witzen versuchten sie mehr oder weniger erfolgreich ein empfundenes Defizit auszugleichen. Sie unliebsame

Heute geraten Kinder, die kein Smartphone besitzen, die keine Markenkleidung tragen oder die aus finanziellen Gründen nicht in Urlaub fahren können, oft in eine Außenseiterrolle, die aus ihnen Klassenclowns machen können.

Klassenclowns stören jedoch oft den Unterricht. Ein Junge, der beispielweise ständig mit dem Ziel der Belustigung der Anderen Fratzen schneidet oder ein Mädchen, das fast unentwegt mit der Tischnachbarin kichert, kann selbst nicht richtig lernen und behindert andere Kinder durch Lärm und andere Störmanöver beim Lernen. Klassenclowns binden die Aufmerksamkeit des Lehrers überdurchschnittlich stark.

Scherze und Witze „en masse“ produziert von Klassenclowns, finden deshalb schnell ihre Grenzen. Eine Situation muss passen für Scherze, Übertreibungen verkehren den positiven Effekt des Lachens ins Gegenteil.

Scherze und Mobbing


Mobbing in der Schule und in der Klasse ist ein Phänomen unserer Zeit. Es wird von Lehrerinnen und Lehrern oft nicht erkannt oder ist so ohne weiteres auch nicht leicht zu erkennen. Es verläuft häufig subtil, außerhalb des Unterrichts in Pausen oder auf dem Schulweg.

Schlechte, grobe Scherze können Teil eines Mobbings von ungeliebten Schülern sein. Blöde Witze oder schlechte Scherze können im Zusammenhang mit Mobbing besonders subtil wirken. Sie sind im negativen Sinne geeignet, um ein Mobbingopfer zu isolieren, denn es ist sehr einfach mit Scherzen und Witzen viele auf die eigene Seite zu ziehen. >b>Mobbingopfer sind deshalb oft über einen längeren Zeitraum auch immer wieder Ziel übler Scherze: Es wird gelacht über einen Schüler, der nicht da ist, um ihn zu diskreditieren. Oder es wird kollektiv gekichert, wenn eine unpopuläre Schülerin den Klassenraum betritt. Kommt dies häufiger vor und zusätzlich zu anderem Psychoterror wird der Effekt, diesen Schüler auszuschließen nicht lange auf sich warten lassen.

Was für Scherze oder Witze sind im Zusammenhang mit Mobbing zu nennen? Das können beispielweise Blondinenwitze sein, die auf die vermeintliche Dummheit und Einfältigkeit eines Menschen abzielen oder religiöse Witze, die tiefe religiöse Gefühle verletzen können.

Auch „praktische Scherze“ beispielsweise Aktionen wie Arbeitsmaterialien des sog. Strebers zum Spaß verstecken, immer Luft aus dem Fahrrad zu lassen oder körperlich wirkende Aktionen wie Abführmittel ins Getränk geben auf der Klassenfahrt, werden von den ausführenden Mitschülern oft als ausgesprochen lustig empfunden.

Beziehen sich solche Aktionen und Scherze häufig auf ein und denselben Schüler, ist es das Ziel, diesen ins soziale Abseits zu befördern, ihn zu schwächen. Zur Rede gestellt, reden die Mobber sich dann elegant heraus und sagen „War doch nur Spaß.“ „Der versteht ja keinen Spaß..“

Besonders schlimm können auch inoffizielle, heimliche Aufnahmerituale in Internaten sein, bei denen Neulinge zur Belustigung lächerliche, erniedrigende oder gar gefährliche Rituale über sich ergehen lassen müssen. Aus Furcht vor solchem Schabernack haben empfindsame Schülerinnen und Schüler schon Selbstmord begangen. Nicht selten nehmen Schülerinnen und Schüler sogar unmittelbaren körperlichen Schaden.

Scherze, Cyber-Mobbing und moderne Technik


Auch wenn die private Nutzung moderner Technik wie Handys und Smartphones mit all ihren Möglichkeiten der Kommunikation in Schule und dem Umfeld von Schule teilweise verboten oder nur in einem sehr begrenzten Umfang erlaubt ist, sind Smartphones für ein Schülerleben außerordentlich wichtig. Sie wirken aus der Freizeit in den Unterricht und die Schule hinein. Für Witze, Humor und Scherze gibt es viele Symbole, die reichlich genutzt werden und Teil eines Cybermobbings sein können.

Vielen Schülerinnen und Schüler ist nicht immer bewusst wie kränkend ein rofl, ein lol oder andere Abkürzungen für einen Schüler oder eine Schülerin sein kann. Oft sind die Bedeutungen dieser Abkürzungen nicht eindeutig und können so die Unsicherheit noch erhöhen. Die Wirkung eines „inflationären“ Gebrauchs von Chat-Symbolen für Humoriges und Witziges in bestimmten Situationen müssten Teil einer emanzipatorischen Medienerziehung sein.

Humor, Scherze und Witze: Ein Thema für den Projektunterricht


Scherze, Humor und Witze“ ist ein gutes Thema für einen fächerübergreifenden Projektunterricht im Rahmen einer interkulturellen Bildung. Da Scherze und Witze oft kulturspezifische Aspekte haben und ein immer größer werdender Prozentsatz von Schülerinnen und Schüler einen Migrationshintergrund haben, wird die Auseinandersetzung mit diesem Thema an Bedeutung gewinnen. Darüber hinaus sind auch Menschen mit Behinderungen oft Ziel schlechter Witze und Scherze. Mit zunehmender Realisierung von Inklusion in Schule und Unterricht gehört auch dieser Aspekt auf die Tagesordnung für ein gutes Miteinander in der Schule.

Schülerinnen und Schüler können in so einem Projekt eine Sensibilität entwickeln für die sowohl positiven als auch möglichen hochproblematischen Implikationen von Scherzen und Witzen. Sie können im Projektunterricht etwas erfahren darüber, worüber wir Menschen in diesem Land überhaupt lachen, worüber in anderen Ländern gelacht wird, aber auch etwas über die Machart und den Aufbau von Witzen und Scherzen.

Für diesen Projektunterricht bietet der Alltag viele Ansatzpunkte, z.B. die Auseinandersetzung mit Sprichwörtern über Humor, die Analyse von Wortspielen und Doppeldeutigkeiten und die Nutzung dieser Eigenschaften in der Sprache der Werbung.

Viele Fragen sind in diesem Zusammenhang relevant:
Ist es in Ordnung, wenn ein berühmter Entertainer im Fernsehen Witze über Polen erzählt?
Darf man Witze über den Holocaust machen?
Darf man Witze über Menschen mit Behinderungen machen?
Ist es ein Unterschied, ob eine Blondine selbst einen Blondinenwitz erzählt oder ein dunkelhaariger Mann?
Wie wirkt es sich aus, wenn ein Vorgesetzter anzügliche Witze oder Scherze macht?
Wieso lachen wir über Beiträge in der Sendung „Verstehen Sie Spaß?“, in denen Menschen doch gelegentlich ganz schön übel mitgespielt wird?
In welchem Spannungsverhältnis steht die freie Meinungsäußerung und das Erzählen von Witzen und das Scherze machen?
Enthält jeder Witz, jeder Scherz ein „Körnchen Wahrheit“?
Mit welchen Stereotypen und welchen Vorurteilen wird in Witzen und Scherzen gearbeitet?
Wann ist ein Scherz kein Scherz mehr sondern Körperverletzung oder seelische Grausamkeit?
Gibt es klare Grenzen dafür?
Darf man in der Umkleidekabine heimlich Fotos machen und diese auf Facebook hochladen, weil darüber gelacht werden kann?
Welche Grenzen sollen in einer Klassengemeinschaft oder einer Schule gelten?
Was kann der Klassenrat tun im Umgang mit üblen Scherzen?

Im Fremdsprachenunterricht gibt es darüber hinaus immer wieder Möglichkeiten mithilfe von Witzen landeskundliche Themen vorzustellen sowie Vokabelarbeit und Grammatikarbeit auf amüsante Weise zu betreiben. Scherze und Witze sagen viel über ein Land und können sehr einprägsam sein.

Kommentar: Scherze und Witze vorsichtig einsetzen


Schule und Unterricht ist keine humorfreie Zone. Aber Scherze und Witze haben gerade in der Schule durchaus ihre Grenzen. Üble Scherze dürfen in keinem Fall zu körperlichen Beeinträchtigungen oder Verletzungen führen, denn aus Spaß kann Ernst werden. Das ist nicht allen Schülerinnen und Schülern klar. Schule stellt einen besonderen Schutzraum dar, weil Schülerinnen und Schüler einer Schulpflicht unterliegen. Für Lehrkräfte ist Schule der Ort ihrer Berufstätigkeit. Niemand möchte sich dort womöglich jeden Morgen mit Furzkissen auf dem Stuhl oder anderen merkwürdigen Scherzen beschäftigen. Weder Lehrer noch Schüler können den Ort Schule ohne weiteres verlassen. Schule ist darüber hinaus keine Kabarett- oder Satireveranstaltung, in der deutlich mehr Witze und Scherze möglich sind, als in der Schule.

Das Hauptproblem bei Witzen und Scherzen ist, dass die Empfindlichkeiten einzelner Menschen sehr unterschiedlich sind. Sie hängen ab von ihrer Religionszugehörigkeit, von ihrem Geschlecht, von ihrem Status, von Einschränkungen und Behinderungen der Menschen, die sie ertragen müssen oder ihrer seelischen Robustheit an einem speziellen Tag, in einer bestimmten Phase ihres Lebens.

Der berühmte schwarze Humor der Briten ist legendär und kann wiederum bei Menschen, die diesen nicht kennen eine große Betroffenheit auslösen. Für ein gutes Miteinander in der Schule ist es wichtig, sicherzustellen, dass Empfindlichkeiten aller Beteiligten berücksichtigt werden. Es ist besser, Witze zu vermeiden, die den Mitschüler oder die Kollegin kränken. Das ist insbesondere dann erforderlich, wenn jemand sogar darum bittet, beispielsweise in seiner Gesellschaft auf religiöse Witze zu verzichten.

Mit der Behandlung des Themas „Witze und Scherze“ im Unterricht kann aber auch eine innere Distanzierung zu verschiedenen Formen des Humors bei Schülerinnen und Schülern entstehen. Das heißt, dass sie leichter lernen, mitzulachen, wenn einmal ein Witz auf ihre Kosten gemacht wird. Es wird ihnen helfen, ihre eigenen Empfindlichkeiten zu überwinden oder zu relativieren, ist es doch ein großer Schritt in der Persönlichkeitsentwicklung eines Menschen, über sich selbst lachen zu können. Schülerinnen und Schüler können mithilfe einer akademischen Betrachtung des Themas ebenfalls lernen, Witze und Scherze richtig und sensible einzusetzen. Sie können eine Art Scherzkompetenz erwerben. Nicht zuletzt kann in der Schule gelernt werden, unbeabsichtigt erzeugten Kränkungen, die bei aller Vorsicht beim Scherze machen entstehen können, respektvoll durch eine Entschuldigung oder ein Gespräch zu begegnen.

Link- und Buchtipps:


Üble Scherze und Streiche können einer verbalen oder körperlichen Attacke ähneln. Sie sind deshalb auch Thema für Streitschlichter in der Schule. Anregungen zum Streitschlichten finden Sie auf der folgenden Website.
www.streitschlichtungskongress.de

Hömberg, B.: Die coolsten Schülerwitze der Welt; Egmont Schneiderbuch 3. Auflage 2012
Kindler, W.: Schnelles Eingreifen bei Mobbing. Strategien für die Praxis; Verlag an der Ruhr 2012
Kühner, A.: Voller Witz und Weisheit. Jüdischer Humor und biblische Anstöße; Neukirchener Aussaat 2008
Anna Spier: Praxisbuch: Mit Witzen Deutsch lernen; Cornelsen Scriptor 1. Auflage 2005
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Über den Autor/die Autorin

Hildegard Dierks arbeitet seit vielen Jahren als Online-Autorin und Online-Redakteurin für verschiedene Zielgruppen, z.B. Eltern. Zu ihren Themenschwerpunkten zählen alle Themen rund um Grundschule, Fremdsprachenlernen, Musikerziehung, computergestütztes Lernen aber auch schulpolitische Themen.

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