Jugendliche Schreibtalente

Freizeit und Erholung
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von Dr. Birgit Ebbert
Jugendliche werden gerne als Computer-Freaks und Smartphone-Junkies gesehen, die um Bücher und alles Geschriebene einen großen Bogen machen. Das trifft sicher auf manche junge Menschen zu, aber auch nicht jeder Erwachsene setzt sich abends hin und schreibt an einem Roman, einer Kurzgeschichte oder Tagebuch.
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Jugendliche schreiben - nicht nur im stillen Kämmerlein


Jugendliche werden gerne als Computer-Freaks und Smartphone-Junkies gesehen, die um Bücher und alles Geschriebene einen großen Bogen machen. Das trifft sicher auf manche junge Menschen zu, aber auch nicht jeder Erwachsene setzt sich abends hin und schreibt an einem Roman, einer Kurzgeschichte oder Tagebuch. Eine Studie über britische Jugendliche hat ergeben, dass fast die Hälfte mindestens einmal im Monat eine Kurzgeschichte schreibt und fast ein Drittel ein Gedicht.

Vermutlich sind junge Leute sogar aktiver als Erwachsene, man schaue sich nur die unzähligen Beiträge auf der Plattform "Fanfiction" an, dort können Leserinnen und Leser ihren Buch- oder Filmlieblingen neue Fortsetzungen oder einen anderen Schluss schreiben. Auch der große Zulauf bei Poetry Slams zeigt, dass es Jugendliche gibt, die Freude am Schreiben haben und Möglichkeiten suchen, diese Begeisterung mit anderen zu teilen und ein Feedback für ihre Leistungen zu erhalten. Und das ist schwieriger im Land der Dichter und Denker, als man denken würde, wie das zweite Kapitel dieses Beitrags zeigt.

Einzelne Schreibprojekte und Initiativen gibt es immer wieder, das wird im dritten Abschnitt deutlich. Von einer Breitenförderung, wie es sie im Sport oder in der Musik gibt, ist allerdings nichts zu sehen. Den Abschluss des Beitrags bilden Link- und Literaturtipps für die persönliche Schreibentwicklung außerhalb der Schule.

Die schwierige Suche nach der Unterstützung


In jeder Stadt gibt es Sportvereine und eine städtische Musikschule, in denen sportlich und musikalisch interessierte Jugendliche zu überschaubaren Gebühren ihren Leidenschaften frönen können. Eine solche Förderung findet sich für junge Menschen, die gerne schreiben, nur in ganz wenigen Orten. Meist werden die Jugendlichen auf die Schule verwiesen, in denen aber auch selten Schreib-AGs existieren, die über die Redaktion der Schülerzeitung hinaus tätig sind. Selbst in Stadtbüchereien fristet die Schreibförderung ein kümmerliches Dasein, häufig damit begründet, dass Jugendliche nicht freiwillig schreiben.

Schriftsteller wissen, dass das anders ist. Meist haben sie selbst als Kinder und Jugendliche vergeblich nach Unterstützung gesucht. Und da es im Internetzeitalter leichter ist, die Kontaktanschrift eines Autors herauszufinden, erhalten Schriftsteller heute E-Mails oder Briefe von schreibinteressierten Jugendlichen, die Hilfe suchen.

Der Deutschunterricht bietet solche Hilfe nur in Ausnahmefällen, schon weil die Inhalte streng an Lehrplänen ausgerichtet werden müssen. Und da ist vor allem davon die Rede, dass die Schüler regelkonform und grammatikalisch richtig schreiben sowie bestimmte Textformen beherrschen müssen. Die Leidenschaft für das Schreiben taucht dort nicht auf. So bleiben manche Talente unentdeckt, weil ihre Texte nicht in den Lehrplan passen und Erörterungen, Analysen und Berichte ihre Kreativität hemmen. Schreiben wird nur im Zusammenhang mit Bewertung und Benotung erlebt und der Spaß bleibt auf der Strecke.

Natürlich werden auch die sportlichen Leistungen benotet, allerdings wird vorher daran gearbeitet, den Aufschwung oder die Wurfweite zu verbessern. Die Schüler erhalten Tipps, wie sie ihre Technik verändern können. Ähnliches erleben Schüler im Fach Deutsch eher selten. Da stehen die Berichtsthemen oder der Inhalt der Lektüre im Mittelpunkt, Hausaufgaben werden vorgelesen und mit einer Note bewertet und die roten Fehlerzeichen SB oder A in Klassenarbeiten helfen auch nicht weiter.

Erstaunlich, dass gerade im Land der Dichter und Denker die Förderung angehender Dichter so stiefkindlich behandelt wird und die Jugendlichen weitgehend auf sich selbst zurückgeworfen werden und nicht selten das Interesse an ihrem Hobby verlieren. Aber Ausnahmen bestätigen die Regel wie die Projekte zur Schreibförderung im nächsten Kapitel zeigen.

Projekte der Schreibförderung


Projekte und Veröffentlichungsmöglichkeiten für junge Autoren zu finden, setzt einiges an Geduld voraus. Zwar gibt es vereinzelte Wettbewerbe, die aber meist zeitlich begrenzt sind, eine Reihe von beruflichen Schreibförderern, die ihren Lebensunterhalt mit dem Schreibcoaching verdienen und dadurch für Jugendliche kaum erschwinglich sind und wenige kontinuierlich arbeitende Initiativen.
Einige interessante Projekte wie der gemeinsame Krimi aus sechs Ruhrgebietsstädten oder der Reiseführer zum Spreewald sind bereits abgeschlossen, sie zeigen jedoch, dass es sich immer lohnt, die Augen aufzuhalten, wo sich Möglichkeiten auftun, die eigenen Texte zu publizieren und mit anderen gemeinsam zu schreiben.

Die folgende Zusammenstellung ist daher eine Momentaufnahme, die den Start bei der Recherche erleichtern soll:

Die FAZ sucht jährlich für ihr Projekt "Jugend schreibt" junge Leute, die Interesse an der Teilnahme an einem Redaktionsprojekt haben. Die Jungjournalisten erhalten nicht nur die Möglichkeit, die eigenen Werke in der Mittwochsausgabe auf der Projektseite zu lesen, sondern auch Tipps und Hinweise zur Recherche und zum Schreiben.

Neben der überregionalen FAZ bieten viele Lokalzeitungen entweder ein Projekt "Zeitung in der Schule" (ZEUS, Zisch o. ä.) an, bei dem Schüler Schreibmöglichkeiten finden oder sie fördern talentierte Jugendliche, indem sie ihre Texte veröffentlichen oder sogar kleine Schreibaufträge erteilen.

Der Verein "Kreatives Schreiben e. V." in Berlin organisiert spezielle Schreibworkshops für Jugendliche und hilft ihnen, ihre Fähigkeit zu verbessern und ihre Talente zu entwickeln.

Auf der privat initiierten Plattform "Literatopia" finden Jugendliche Informationen aus der Literaturwelt (mit Fantasyblick) und sie haben die Möglichkeit im Skriptorium eigene Texte zu veröffentlichen.

Die "Initiative Kunstlandschaft Spandau e. V." bietet für Kinder und Jugendliche, die Gedichte schreiben, eine Möglichkeit, diese zu veröffentlichen.

Die "Initiative Schreibende Schüler e. V." vergibt für Jugendliche aus Berlin und Brandenburg jährlich den Theo-Literaturpreis für junge Schreibtalente.

Links & Literatur


Links

Archiv von Kindertexten der Universität Halle-Wittenberg
www.uni-halle.de

Jugendliche schreiben Emscher-Buch, Zeitungsartikel über ein gelungenes Schreibprojekt über Stadtgrenzen hinweg
www.derwesten.de

Jugendliche schreiben so viel wie nie
www.socialmedia.com

Jugendliche schreiben über ihre Stadt Braunschweig
www.braunschweiger-zeitung.de

Statistik zu den Schreibgewohnheiten britischer Jugendlicher
de.statista.com

Übersicht über einzelne Schreibprojekte in dem Portal "Lesen in Deutschland"
www.lesen-in-deutschland.de

Online-Plattform für selbstgeschriebene Texte von Kindern und Jugendlichen
www.minidrama.de


Literatur

Andrea Behnke: Autobiografisches Schreiben kreativ. Mit vielfältigen Methoden Schreibprozesse anregen.
Auer 2013

Henning Boetius/Christa Hein: Die ganze Welt in einem Satz. Sprach- und Schreibwerkstatt für junge Dichter.
Beltz & Gelberg 2010

Astrid Krömer: Was sagt der Tiger? Autorenhaus 2006

Bernard Selling: Schreiben wie der Schnabel wächst. Kreatives Schreiben für kleine und große Kinder.
Aurum 1996
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Über den Autor/die Autorin

Dr. Birgit Ebbert ist freie Autorin und als Diplom-Pädagogin seit vielen Jahren in der Elternarbeit und Lehrerfortbildung tätig. Neben Kinderbüchern und Krimis schreibt sie Elternratgeber, Lernhilfen, Vorlesegeschichten und Bücher über kreatives Arbeiten mit Papier.

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