Tod und Trauer: Ein Thema für den Unterricht

Wissen und Bildung
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von Hildegard Dierks

Der Tod ist traditionell ein Thema im Religions- und Ethikunterricht. Im Deutschunterricht begegnet uns das Thema in Dramen und Tragödien. Schülerinnen und Schüler sind aber auch auf andere Weise von dem Thema betroffen: Kinder sehen extreme Kriegsbilder, Bilder von Terroranschlägen oder schrecklichen Unfällen im Internet oder Fernsehen. Immer öfter wühlt darüber hinaus ein Selbstmord eines Mitschülers/einer Mitschülerin eine ganze Schulgemeinschaft auf.

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Der Tod ist traditionell ein Thema im Religions- und Ethikunterricht. Im Deutschunterricht begegnet uns das Thema in Dramen und Tragödien. Schülerinnen und Schüler sind aber auch auf andere Weise von dem Thema betroffen: Kinder sehen extreme Kriegsbilder, Bilder von Terroranschlägen oder schrecklichen Unfällen im Internet oder Fernsehen. Immer öfter wühlt darüber hinaus ein Selbstmord eines Mitschülers/einer Mitschülerin eine ganze Schulgemeinschaft auf.
 

Umgang mit Kriegsbildern im Fernsehen und Internet von Kindern


Die Nachrichtenlage wird häufig dominiert von Kriegs- und Terrormeldungen. Anders als früher werden diese Nachrichten nicht nur in den Abendnachrichten präsentiert, sondern vor allem auch im Internet. Die Katastrophenberichterstattung läuft an manchen Tagen fast ununterbrochen.
Wie geht es Kindern und Jugendlichen mit Bildern, die schon für Erwachsene kaum zu ertragen sind? Schülerinnen und Schüler nutzen das Internet stark und schauen auch nach wie vor viel fern. Es ist fast nicht möglich sie vor diesen Bildern ganz zu schützen. Allein lassen kann man Kinder und Jugendliche mit Bildern von nicht-fiktiver Gewalt nicht. Erschwerend kommt hinzu, dass die aktuelle Zahl der Schülerinnen und Schüler, die selbst Kriegsflüchtlinge sind, an unseren Schulen zunimmt. Für diese Gruppe von Kindern sind diese Bilder noch verstörender als sie ohnehin schon sind, denn es lässt kaum verarbeitete Ängste und Traumata schnell wieder hochkommen.
Lehrer und Eltern sollten Ansprechpartner für Kinder sein, die versehentlich oder gezielt grauenhafte Todesbilder im Fernsehen oder den sozialen Medien gesehen haben. Kinder und Jugendliche brauchen darüber hinaus ein eigenes Rüstzeug im Rahmen einer emanzipatorischen Medienerziehung wie sie mit diesen Bildern umgehen können.

 

 

Vom Reiz schrecklicher Bilder


Für das Internet können für Grundschulkinder Filter und geschützte Räume eingerichtet werden. Für den Fernsehkonsum können Regeln verabredet werden.
Obwohl es solche Regeln gibt, müssen Erwachsene davon ausgehen, dass diese Regeln nicht eingehalten werden. Gerade in Situationen, in denen Verbote übertreten wurden und Kinder sowie Jugendliche ihre Grenzen für Grausames austesten wollten, sollte das Lehrer/Eltern- Kinderverhältnis so vertrauensvoll aufgebaut sein, dass Schülerinnen und Schüler sich trauen darüber zu reden, wenn sie von den „verbotenen“ Bildern seelisch verfolgt werden. Oft schauen Schülerinnen und Schüler sich Kriegsbilder an, weil auch sie begreifen wollen, was dort vorgeht oder weil sie einfach zu denen gehören wollen, die das auch gesehen haben.
Krieg-, Terror- und Gewaltdarstellungen erschrecken junge Menschen nicht nur, sondern eine Minderheit wird auf abenteuerliche Weise davon fasziniert. Entsprechend aufgearbeitet und verharmlosend kommentiert, werden insbesondere Jugendliche und junge Erwachsene mithilfe von Bildern und verbaler Propaganda in Einzelfällen in sozialen Netzwerken so manipuliert, dass sie Kriegsgebiete selbst aufsuchen, dort mitmachen und ihr Leben verlieren. Eine kritische Auseinandersetzung mit diesen dramatischen Auswirkungen von Krieg- und Terrorbildern sowie vermeintlichen „Kriegshelden“ muss in ihren ganzen Zusammenhängen frühzeitig beginnen. Jugendliche, die vom Krieg fasziniert sind, müssen verstehen, dass Schlachtfelder keine Abenteuerspielplätze oder harmlose Ballerspiele sind.

 

 

 

 

Empfehlungen für Pädagogen – Bundeszentrale für Politische Bildung


Sowohl Bilder von Krieg und Terror aber auch die Berichterstattung über andere Katastrophen lösen Ängste und Ohnmachtsgefühle aus. Pädagogen kommt ergänzend zur emotionalen Beruhigung durch die Eltern primär die Aufgabe zu, durch Wissen und Information zu versachlichen.
Bei Schulkindern ab circa acht Jahren – je nach Entwicklungsstand – gehört zur Bildungsarbeit in der Schule die Förderung eines aktiven Umgangs mit Schreckensbildern. Das empfiehlt die Bundeszentrale für Politische Bildung. So kann beispielweise die Teilnahme an einer Diskussion in moderierten Online-Foren, die manche Kindersender anbieten, eine konstruktive Form des Umgangs sein. Ausführliche Gespräche und das Erlernen kognitiver Strategien, z.B. das Aufschreiben der Ängste und ein Nachdenken über politische Veränderungen helfen mit den Bildern umzugehen.
Jüngere Kinder malen lieber Bilder. Ausgehend von diesen Bildern können im Gespräch Gefühle von Kindern aufgegriffen werden, die Wirkung der Bilder kann so an Dramatik verlieren.
Sogenannte Kindernachrichten sind insgesamt ab dem Grundschulalter eher geeignet eine vorsichtige, begleitete Konfrontation mit Nachrichten über Kriege und Tod zu ermöglichen. Aber auch sorgfältig aufbereitete Kindernachrichten können Ängste auslösen, so dass sie Antworten auf Fragen erfordern. Nachrichten für Erwachsene sind für jüngere Kinder gar nicht geeignet, schon gar nicht als Hintergrundberieselung beim Abendessen.

Fast alle Schülerinnen und Schüler haben den Wunsch nach mehr Information zu schrecklichen Geschehnissen. Ihr oft nur bruchstückhaftes Wissen verstärkt ihre Ängste nur noch mehr.
Nicht nur Lehrer auch Eltern müssen bei großen katastrophalen Medienereignissen mit einbezogen werden, um gefühlsmäßige Sicherheit zu geben.
Ältere Schülerinnen und Schüler (ab circa 13 Jahren) können noch aktiver mit von Kriegsbildern ausgelösten Bedrohungsgefühlen umgehen als Grundschulkinder. Sie können Kriegsszenen teilweise selbst medial umsetzen. Die Bundeszentrale für Politische Bildung verweist beispielhaft auf das Wuppertaler Projekt „Hallo Krieg“, bei dem Schülerinnen und Schüler eine eigene Dokumentationsreihe über den Irak-Krieg erstellt haben.
Ältere Schülerinnen und Schüler möchten, wenn es um den Umgang mit Kriegsbildern geht, nicht belehrt werden: versachlichende Informationen zur Kultur der Kriegsländer aus verschiedenen Perspektiven, warum Kriege geführt werden und historische Zusammenhänge aber auch Hintergrundinformationen zur Kriegsberichterstattung helfen vielen Schülerinnen und Schülern besser mit grauenhaften Bildern zurecht zu kommen.

Suizid – Suizidprävention

Im Zusammenhang mit Terror und Kriegen sprechen wir von Selbstmordattentätern. Unabhängig von Kriegen und Terror ist der Suizid einer der häufigsten Todesursachen bei Schülerinnen und Schülern, so wird es bereits 2004 in einer Pressemitteilung der „Kinder- und Jugendärzte im Netz“ angegeben. Viele Kinder und Jugendliche bekommen im Laufe ihres Schülerlebens die Mitteilung über den Suizid eines Mitschülers/einer Mitschülerin.
Einem Suizid liegt oft eine unzureichend behandelte Depression zugrunde. Diagnose und Therapie einer Depression bei einer Schülerin/ einem Schüler ist die Aufgabe eines erfahrenen Jugendpsychiaters.
Bei Suizid muss es aber vor allem auch um Suizidprävention gehen. Schulen spielen im Rahmen der Suizidprävention eine wichtige Rolle.
Konkret geht es darum, Kinder und Jugendliche über Hilfsangebote in Kenntnis zu setzen. Sie sollen kompetent gemacht werden, über quälende Probleme, Gefühle der Ausweglosigkeit und mögliche Selbstmordgedanken mit Schulpsychologen, Lehrern oder Eltern zu sprechen. Was sollen Mitschüler tun, wenn ein Schulfreund oder eine Schulfreundin Selbstmordgedanken äußert? Was ist zu tun, wenn bei einem selbst das Gefühl hoch kommt, es wäre besser tot zu sein?
Haben Jugendliche Fragen zu Selbstmord ist es wichtig, dass Lehrer und Eltern Ansprechpartner sind. Das bedeutet nicht, dass diese auf alle Fragen eine perfekte Antwort kennen (müssen).
Das Thema Suizid von Schülerinnen und Schülern ist im Rahmen einer Suizidprävention auch ein Thema für Elternabende. Die Pubertät gilt nach wie vor als eine besonders kritische Zeit für Suizid bei Jugendlichen. Mobbing im Internet oder wenn Familien durch Scheidungen zerrissen werden sind schwierige Problemsituationen, in denen Selbstmord bei Jugendlichen gezeigt wird.

 

 

 

 

Das Thema „Tod und Trauer“ geht uns alle an - Kommentar


Schülerinnen und Schüler bringen ihre Befindlichkeiten zum Thema Trauer und Tod mit in die Schule. An manchen Tagen werden ihre Köpfe voll von diesem Thema sein. Je näher der wahrgenommene Tod mit dem persönlichen Leben der Jugendlichen zu tun hat, desto stärker brauchen sie Lehrer und vor allem Eltern als AnsprechpartnerInnen. Da viele Kinder und Jugendliche immer mehr Zeit in der Schule verbringen, wird die Verantwortung in der Schule auch im Umgang mit diesem Thema größer. Trauer und Tod ist deshalb ein wichtiges Thema in der Bildungsarbeit. Nicht-fiktive Gewaltdarstellungen in den Medien und Suizidprävention bilden dabei zwei Themenschwerpunkte. Vor allem über den Umgang mit Tod und Sterben im Zusammenhang mit schwerer Krankheit führt die Bundeshospizakademie im Rahmen ihrer Aktion „Hospiz macht Schule“ Projektwochen für Drittklässler durch.
Hat eine Mitschülerin oder ein Mitschüler an einer Schule z.B. Selbstmord begangen, zeigt sich, dass man besser nicht an Schulpsychologen oder Schulsozialarbeitern spart und sich auch um die Pflege einer guten zwischenmenschlichen Gesprächskultur in der Schule kümmert. Tod und Trauer geht uns alle an. Eine konstruktive Auseinandersetzung mit dem Thema macht uns stark für das Leben.

 

 

 

 

Linktipps

 

 

 

 

Buchtipps

 

  • Käsler, H. und Nikodem B. "Bitte hört, was ich nicht sage - Signale von Kindern und Jugendlichen verstehen, die nicht mehr Leben wollen" Kösel Verlag 2001
  • "KrisenKompass – Handbuch für Lehrkräfte und Schulleitungen zum Umgang mit schweren Krisen im Kontext Schule" Schulverlag Plus 2010
  • Juen, B. und Werth M. „Dann geh‘ ich zu Mama ins Bett – Arbeitsbuch zum Thema Tod und Suizid“. Berenkamp Verlag 2007
  • Horst Schäfer Kinder, Krieg und Kino. Filme über Kinder und Jugendliche in Kriegssituationen und Krisengebieten UVK Verlagsgesellschaft 2008

 

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Über den Autor/die Autorin

Hildegard Dierks arbeitet seit vielen Jahren als Online-Autorin und Online-Redakteurin für verschiedene Zielgruppen, z.B. Eltern. Zu ihren Themenschwerpunkten zählen alle Themen rund um Grundschule, Fremdsprachenlernen, Musikerziehung, computergestütztes Lernen aber auch schulpolitische Themen.

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