GedenkstÀttenarbeit mit Kindern und Jugendlichen
GedenkstÀttenarbeit mit Kindern und Jugendlichen
GedenkstĂ€tten eignen sich besonders gut, um auch Kindern und Jugendlichen einen Eindruck in die Geschichte der Ereignisse zu bieten, fĂŒr die sie stehen.
GedenkstÀtten als Zeugen der Vergangenheit
GedenkstÀtten Zeugen der Vergangenheit Sie sollen Mahnmal sein und sind gleichzeitig wichtige Wissensvermittler:
Konzentrationslager, Friedhöfe, GefĂ€ngnisse oder ErschieĂungsstĂ€tten zeigen Ausschnitte aus dem Leben der HĂ€ftlinge bzw. Toten etc. und vermitteln einen meist beklemmenden Eindruck dessen, was an diesen historischen StĂ€tten stattgefunden hat. Ihr Charakter als historische Orte bringt mit ihnen die Vergangenheit zum Sprechen - Dauerausstellungen zur Geschichte der Ereignisse und des Ortes bieten ausfĂŒhrliche Informationen, um sich mit den historischen Geschehnissen auseinanderzusetzen.
GedenkstĂ€tten mit ihrem Charakter als tatsĂ€chliche Orte des Geschehens eignen sich deswegen besonders gut, um auch Kindern und Jugendlichen einen Eindruck in die Geschichte der Ereignisse zu bieten, fĂŒr die sie stehen. Gleichzeitig ist beim Umgang mit ihnen besondere SensibilitĂ€t gefragt, offenbaren sie doch meist grauenhafte Geschehnisse aus unserer Geschichte, denen die Kinder und Jugendliche an Ort und Stelle ganz nah begegnen.
In der Bundesrepublik bieten sich fĂŒr einen GedenkstĂ€tten-Besuch mit Kindern und Jugendlichen vor allem die zum Nationalsozialismus und der DDR an. Hier können sie anschaulich sehen, was es hieĂ, in der DDR oder der Zeit des Nationalsozialismus zu leben.
Die GedenkstĂ€tten selbst haben oftmals ein breites Angebot fĂŒr Kinder und Jugendliche, um als auĂerschulische Lernorte auĂerhalb des Klassenzimmers anschaulichen Geschichtsunterricht stattfinden zu lassen.
Konzentrationslager Bergen-Belsen Geschichte Die GedenkstÀtte Bergen-Belsen erinnert an das Kriegsgefangenen- und Konzentrationslager Bergen-Belsen, in dem wÀhrend des nationalsozialistischen Regimes rund 20.000 Kriegsgefangene und ca. 50.000 KZ-HÀftlinge ums Leben kamen.
Mahnmale und GrĂ€ber sollen die Erinnerung an das Leid der Kriegsgefangenen und HĂ€ftlinge erinnern. Eine umfangreiche Dauerausstellung informiert im Dokumentationszentrum ĂŒber die Geschichte des Lagers Bergen-Belsen und seiner Opfer.
Die Geschichte
Nach der Einrichtung eines TruppenĂŒbungsplatzes durch die Wehrmacht bei Bergen in der LĂŒneburger Heide, ca. 60 Kilometer nördlich von Hannover, in den 1930er Jahren, wurden die entstandenen Baracken ab 1940 als Kriegsgefangenenlager fĂŒr belgische und französische Soldaten genutzt. 1941 wurden 20.000 sowjetische Kriegsgefangene auf dem GelĂ€nde untergebracht, ohne dass jedoch fĂŒr sie UnterkĂŒnfte zur VerfĂŒgung standen, so dass sie bis in die kalten Wintermonate im Freien hausen mussten. Ein GroĂteil dieser Gefangenen starb durch UnterkĂŒhlung und EntkrĂ€ftung.
1943 richtete die SS ein Austauschlager fĂŒr Juden ein, die die Nationalsozialisten gegen internierte Deutsche im Ausland oder gegen Materialien austauschen, d.h. verkaufen wollten.
Ab 1944 wurden immer wieder HĂ€ftlinge aus anderen Konzentrationslagern in Bergen-Belsen untergebracht, u.a. aus Auschwitz (so auch Anne Frank und ihre Schwester).
Anfang 1945 wurden Zehntausende von HĂ€ftlingen aus frontnahen KZ nach Bergen-Belsen "evakuiert" und das Lager dadurch hoffnungslos ĂŒberfĂŒllt. UnterernĂ€hrung, Krankheiten und KĂ€lte fĂŒhrten zum Massensterben der Menschen.
Mitte April 1945 wurde das Konzentrationslager von britischen Truppen befreit. Die Baracken des Lagers wurden wegen Seuchengefahr vollstÀndig abgebrannt, die Toten in MassengrÀbern bestattet. Auch nach der Befreiung starben noch ca. 14.000 Menschen an den Folgen der Haft im KZ.
Von 1945 bis 1950 bestand ein Camp fĂŒr so genannte Displaced-Persons in den ehemaligen Wehrmachtskasernen.
Konzentrationslager Bergen-Belsen Entstehung Mit dem jĂŒdischen Mahnmal wurde 1946, ein Jahr nach der Befreiung des Lagers, der Grundstein fĂŒr die GedenkstĂ€tte auf dem GelĂ€nde des ehemaligen Kriegsgefangenen- und Konzentrationslagers gelegt. Noch im gleichen Jahr folgte die Einweihung des sowjetischen Mahnmahls auf dem Kriegsgefangenenfriedhof Bergen-Belsen.
Ab 1947 wurden ein Obelisk und eine Inschriftenwand auf Anordnung der britischen MilitĂ€rregierung errichtet, bevor 1966 das Dokumentenhauses mit einer Ausstellung zur Geschichte des KZ Bergen-Belsen eröffnet wurde. Seitdem gab es verschiedene Neugestaltungen (wie beispielsweise die des Kriegsgefangenenfriedhofs oder die Eröffnung des Hauses der Stille). 2008 wurde auĂerdem ein neues AusstellungsgebĂ€ude eingeweiht. Neugestaltungen auf dem AuĂengelĂ€nde der GedenkstĂ€tte sollen folgen.
GeprĂ€gt ist die GedenkstĂ€tte neben dem modernen Dokumentationszentrum vor allem von einem weitlĂ€ufigen AuĂengelĂ€nde auf dem Gebiet des ehemaligen LagergelĂ€ndes. Da die Baracken aus hygienischen GrĂŒnden (Seuchengefahr) nach der Befreiung abgebrannt wurden, sind GebĂ€ude nicht mehr zu vorhanden. Dennoch gibt es von einigen Grundmauern zu besichtigen, die von Jugendlichen im Rahmen von Jugendworkcamps freigelegt worden sind, so zum Beispiel einige Baracken der HĂ€ftlinge oder die so genannte "Entlausungsstation". Auf dem AuĂengelĂ€nde sind es daneben vor allem die zahlreichen MassengrĂ€ber, die an die Toten erinnern.
AuĂerschulischer Lernort Angebote fĂŒr Kinder und Jugendliche Als "auĂerschulischer Lernort" bietet die GedenkstĂ€tte Bergen-Belsen verschiedene Möglichkeiten, um Kinder und Jugendliche die Geschichte des Lagers und seiner Opfer nĂ€her zu bringen:
- Internationale Jugendworkcamps
Hier arbeiten Jugendliche aus aller Welt zusammen, um beispielsweise GesprĂ€che mit Zeitzeugen zu fĂŒhren oder Spuren der alten GebĂ€ude freizulegen. Mit ihrer Hilfe entstehen weitere Erinnerungsorte auf dem GelĂ€nde des ehemaligen Lagers. - Studientage
FĂŒr SchĂŒlerinnen und SchĂŒler der Klassen 9 bis 13 werden unterschiedliche Themen angeboten, bspw. "Kinder und Jugendliche im KZ Bergen-Belsen", "Anne Frank - auf der Spur eines MĂ€dchens", "Sowjetische Kriegsgefangene in Bergen-Belsen" (fĂŒr weitere Themen s. Homepage der GedenkstĂ€tte). - Deutsch-Israelische Jugendbegegnung
2008 hat die GedenkstÀtte erstmals eine deutsch-israelische Jugendbegegnung in Deutschland und Israel unter dem Titel "Unsere Vergangenheit - unsere Zukunft" initiiert. - FSJ Kultur in der GedenkstÀtte Bergen-Belsen
Junge Leute zwischen 16 und 27 Jahren, die ihr Freiwilliges Soziales Jahr Kultur absolvieren möchten, arbeiten ein Jahr lang freiwillig in der GedenkstĂ€tte Bergen-Belsen. - Aktuelle FĂŒhrungen
Fortlaufend werden themenspezifische FĂŒhrungen angeboten, wie z.B. zum Thema "Kinder und Jugendliche im Konzentrationslager Bergen-Belsen" u.v.m. - FĂŒhrungen fĂŒr Schulklassen
Die GedenkstĂ€tte bietet fortlaufend FĂŒhrungen fĂŒr Schulklassen an, die sowohl ĂŒber das AuĂengelĂ€nde als auch durch das Dokumentationszentrum fĂŒhren. Schwerpunkte der FĂŒhrung und besondere WĂŒnsche werden vorher mit den LehrkrĂ€ften besprochen.
Die Auflistung des Angebots in Bergen-Belsen soll an dieser Stelle nur als Beispiel dienen, was an historisch-politischer Bildungsarbeit in den GedenkstÀtten möglich ist. Andere wie beispielsweise die GedenkstÀtte Buchenwald oder die GedenkstÀtte Berlin-Hohenschönhausen haben Àhnliche Bildungsangebote.
Linktipps
- GedenkstÀtte Bergen-Belsen
www.bergenbelsen.de/ - GedenkstÀtte Berlin-Hohenschönhausen
Die GedenkstĂ€tte Berlin-Hohenschönhausen auf dem GelĂ€nde der frĂŒheren zentralen Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums fĂŒr Staatssicherheit bietet zahlreiche Informationen zu politischer Verfolgung und UnterdrĂŒckung in der DDR. Es existiert auch eine pĂ€dagogische Arbeitsstelle, in der Schulklassen qualifiziert betreut werden.
www.stiftung-hsh.de - Stiftung GedenkstÀtten Buchenwald und Mittelbau-Dora
In der GedenkstĂ€tte Buchenwald gibt es neben GruppenfĂŒhrungen fĂŒr Schulklassen auch Tagesprogramme zur weiteren Auseinandersetzung mit der Geschichte Buchenwalds. Eine JugendbegegnungsstĂ€tte, die in ehemaligen SS-Kasernen untergebracht ist, bietet Seminar- und Projektarbeit zu Buchenwald. Auf der Homepage findet man GedenkstĂ€tten-pĂ€dagogische Materialien.
www.buchenwald.de
Anmerkung der Redaktion:
Das ausgewÀhlte Foto dient nur der atmosphÀrischen Untermalung des Beitrages und stellt keinen Schauplatz des Inhalts dar.
Dr. Lisa Mundzeck ist promovierte Historikerin und arbeitet als freie Online-Journalistin, wissenschaftliche Autorin und Archivarin in Hannover.