Ganzschriften mit Kindern lesen

- Was Eltern und Lehrkräfte beachten sollten

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von Alexandra von Plüskow - Kaminski
Ganzschriften - Was Eltern wissen und Lehrkräfte beachten sollten, wenn sie mit einer Klasse ein ganzes Buch gemeinsam lesen, nennt der folgende Beitrag.
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Lena besucht die zweite Klasse der Grundschule und freut sich: Ihre Lehrerin möchte mit der Klasse gemeinsam ein ganzes Buch lesen. Der Viertklässler Hans ist hingegen zurückhaltender - er liest nicht gern. Und so blickt er demselben Vorhaben seiner Lehrkraft eher mit gemischten Gefühlen entgegen. Was Eltern wissen und Lehrkräfte beachten sollten, wenn sie mit einer Klasse ein ganzes Buch gemeinsam lesen, nennt der folgende Beitrag.

Leseunterricht in der Grundschule

Neben dem klassischen Leselehrgang in der Grundschule, der in den ersten beiden Grundschuljahren absolviert wird, beschäftigen sich Grundschulkinder bereits frühzeitig mit dem Lesen von Kinderliteratur. So finden interessante kleine Lesetexte wie Geschichten, Sachtexte oder auch Gedichte ihren Platz im Rahmen des Unterrichtes. Auch das Lesen von ganzen Büchern hat seinen festen Stellenwert im Leseunterricht. Hierbei geht es einerseits um das sinnverstehende Lesen, aber auch um das Kennenlernen von Kinderliteratur.

Literaturauswahl

Um jedem Schüler und jeder Schülerin einen ansprechenden Text anzubieten, sollte die Lehrkraft vor der eigentlichen Auswahl eine Vorauswahl an Büchern treffen. Einerseits sollten diese über einen altersangemessenen Textumfang sowie über eine ansprechende Sprache verfügen. Sie sollten den Interessen von Jungen und Mädchen gleichermaßen gerecht werden. Als besonders ansprechend für beide Geschlechter haben sich Abenteuer- und Detektivgeschichten herausgestellt. Die drei ausgewählten Titel werden der Lerngruppe vorgestellt und die Schülerinnen und Schüler wählen auf Augenhöhe einen gemeinsamen Titel als Klassenlektüre aus.

Lektüre

Die Lektüre des ausgewählten Buches sollte jedem Schüler und jeder Schülerin ein Lesen im eigenen Tempo ermöglichen. Dabei wechseln sich Sequenzen des gemeinsamen Lesens im Klassenverbund mit Sequenzen des eigenständigen Lesens, bei dem es sich die Kinder im Klassenraum gemütlich machen dürfen, ab. Individuell auf die jeweiligen Leseprozesse der Kinder abgestimmte Aufgabenstellungen ermöglichen jedem Kind ein Durchdringen der Lektüre.

Methoden

Um die Freude und das Interesse der Grundschulkinder an der Kinderliteratur zu wecken und zu fördern, ist es besonders bedeutsam, ihnen neben der passenden Lektüre, einen methodenreichen und anregenden Unterricht anzubieten. Zum einen geht es um das Ausbilden von Lesestrategien - so etwa um das so genannte antizipierende Lesen. Hierbei geht es darum, dass die Schülerinnen und Schüler nach bestimmten Leseabschnitten eigenständig vermuten, wie die Handlung wohl weitergehen könnte. Zum anderen geht es um die handlungs- und produktionsorientierte Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Text. In diesem Zusammenhang finden die Schülerinnen und Schüler individuell eigene Zugänge zum Text, indem sie sich etwa schreibend oder malend damit auseinandersetzen. Sie versetzen sich in einzelne Charaktere, indem sie beispielsweise für diese Tagebucheinträge verfassen oder ihre Gedanken verbalisieren. An einigen Stellen setzen sie Szenen darstellerisch um und zeichnen beispielsweise eigene Comicgeschichten zur Handlung. Im Rahmen des Entwickelns von Lesestrategien lernen sie Schritt für Schritt, ihre Aussagen mithilfe von Textstellen zu belegen und Aussagen von Charakteren zu zitieren.

Lesetagebuch

Ein geeignetes Medium, um diesen Leseprozess zu fördern, ist das so genannte Lesetagebuch. Entweder in einem separaten DIN A 4 Heft oder in einem Schnellhefter sammeln die Schülerinnen und Schüler ihre Arbeitsblätter zum Buch. Ferner notieren sie hierin ihre individuellen Gedanken während des Leseprozesses. Abschließend werten sie einzeln aus, wie ihnen die Lektüre zugesagt hat - und welche Figuren sie sympathisch oder eher unsympathisch fanden. Sie stellen auch bildnerisch und schreibend dar, wie sie sich vorstellen, wie der weitere Verlauf der Geschichte sein könnte.

Das Lesetagebuch ist ein wichtiges Dokument für die Schülerinnen und Schüler sowie für die Lehrkräfte, um Aufschluss über die eigene Leser- und Leserinnenbiographie sowie über Lernfortschritte und den Leseprozess zu erhalten.


Die Förderung der Lesefreude und der Lesemotivation mithilfe von Ganzschriften ist gerade in der heutigen multimedialen Welt von besonderer Bedeutung. Nach und nach erschließen sich Grundschulkinder Werke der traditionellen und der modernen Kinderliteratur und eignen sich dabei sogar individuell passende Lesestrategien an. Und zum guten Schluss sind sich in der Regel alle einig darin, wie stolz sie darauf sind, ein "ganzes Buch" gelesen zu haben!
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Über den Autor/die Autorin
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Alexandra von Plüskow-Kaminski hat mehr als 20 Jahre als Grundschullehrerin gearbeitet und war als Fachberaterin tätig. Dabei war sie u.a. zuständig für die Übergänge von der Kita in die Grundschule und von der Grundschule in die weiterführende Schule. Seit März 2022 koordiniert sie das Sprachbildungszentrum Lüneburg.

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