Rechtsextremismus

- Wir müssen dringend reden!

Wissen und Bildung
© Bild von Freepik
von Christine Kammerer

Der Rechtsextremismus in unserer Gesellschaft ist eine ernstzunehmende Herausforderung, die wir nicht länger ignorieren können. Wir sind alle aufgefordert, endlich aktiv zu werden und dagegen zu halten - jede Bürgerin und jeder Bürger! Insbesondere aber Lehrkräfte und Eltern sollten sich mit diesem Thema intensiv auseinandersetzen. Nur so können sie präventiv gegen extremistische Tendenzen vorgehen und die Entwicklung von Kindern Jugendlichen positiv beeinflussen.

Lesedauer:
3 min

Beispiel: Wie Rechtsextremisten Kinder manipulieren

Die AfD setzt mit Erfolg auf die Plattform "TikTok", um ihre Botschaften zu verbreiten und hat dort so viele Follower wie keine andere Partei. TikTok gehört bei Kindern und Jugendlichen zu den beliebtesten sozialen Netzwerken. Die AfD verbreitet dort fast ausschließlich kurze Schnipsel aus Bundestagsauftritten von AfD-Abgeordneten. Sie werden mit geringem Aufwand produziert, erlangen aber dank reißerischer, emotional ansprechender Überschriften teilweise große Reichweiten. Diese Videos treffen auf ein Publikum, das oft nicht die Medienkompetenz besitzt, die vermittelten Botschaften richtig einzuordnen. Auch extremistische Inhalte werden dort verbreitet. Sie sind, so die Die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ) „jugendaffin und professionell“ gestaltet und oft nicht als „extremistisch“ zu erkennen:

„Vielfach wird versucht, Kinder und Jugendliche schrittweise zu radikalisieren und die Online-Kommunikation von öffentlichen, großen Angeboten in kleinere Kommunikationsräume zu verlagern.“ 

Rechtsextremismus - Definition und Erscheinungsformen

Rechtsextremismus ist eine politische Haltung, die auf der Überzeugung von der Ungleichheit verschiedener Menschen basiert. Es ist dabei sehr wichtig, zu verstehen, dass Rechtsextremismus nicht nur durch offensichtlich extremistische Personen oder Gruppen propagiert wird, sondern auch subtiler in Form von Vorurteilen und Diskriminierung auftreten kann. Lehrkräfte und Eltern müssen die verschiedenen Erscheinungsformen erkennen, um frühzeitig einschreiten zu können.

Beispielsweise werden in vielen Klassenchats höchst problematische Inhalte geteilt wie Sticker, die den Holocaust verharmlosen oder Videoclips, die das Dritte Reich verherrlichen. Experten beobachten hier in den letzten Jahren eine starke Zunahme. Eltern neigen oft dazu, solche Inhalte zu verharmlosen, sie unterschätzen jedoch die Tatsache, dass dadurch zum einen betroffene Menschen persönlich sehr verletzt und verunsichert, zum anderen rassistische und diskriminierende Aussagen durch häufiges Teilen verharmlost und salonfähig gemacht werden.

Ursachen und Hintergründe des Rechtsextremismus

Ein tiefes Verständnis der Ursachen und Hintergründe rechtsextremistischer Tendenzen bei Kindern und Jugendlichen ist entscheidend, um präventive Maßnahmen zu entwickeln. Zu den möglichen Auslösern gehören

  • sozioökonomische Faktoren,
  • Identitätskrisen,
  • mangelnde Bildung und
  • Gruppendruck.

Lehrkräfte und Eltern sollten sensibel auf diese Aspekte achten, entsprechende Botschaften immer ernst nehmen und versuchen, Kinder und Jugendliche aktiv zu unterstützen. Wer rechtsextreme Inhalte in Klassenchats verbreitet, hat nicht unbedingt ein rechtsextremes Weltbild. Es geht oft um das Ausloten von Grenzen und den Reiz des Verbotenen. Meist gibt es in betroffenen Klassen einen rechtsextremen Kern, Mitläufer und eine große, schweigende Mehrheit. Hier kann man meist auf die Selbstregulierungskräfte innerhalb der Gruppe bauen.

Rechtsextreme Gesinnung - Prävention im schulischen Umfeld

Lehrkräfte spielen eine Schlüsselrolle in der Prävention von Rechtsextremismus. Sie können das Bewusstsein für Vielfalt und Respekt fördern, demokratische Werte vermitteln sowie Schülerinnen und Schüler sensibilisieren und zu kritischem Denken anregen, zum Beispiel durch

  • eine offene und tolerante Lernumgebung,
  • gezielte pädagogische Programme,
  • Gespräche über aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen.

Der Bundesverband Mobile Beratung bietet Hilfestellungen in seiner Broschüre „Was machen wir denn jetzt?!“. Er rät Schulen beispielsweise, Personen zu benennen, an die sich Kinder,Jugendliche und Eltern vertrauensvoll wenden können, wenn sie rechte Chatnachrichten melden wollen. Das können Vertrauenslehrkräfte oder Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter sein.

Rechtsextremismus eindämmen - Zusammenarbeit zwischen Schule und Elternhaus

Die Zusammenarbeit zwischen Schule und Elternhaus ist entscheidend im Kampf gegen Rechtsextremismus. Regelmäßiger Austausch über schulische Aktivitäten, Elternabende zu relevanten Themen und die Implementierung von Projekten, die Toleranz und Vielfalt fördern, schaffen eine umfassende Unterstützungsstruktur für die Jugendlichen.

Früherkennung und Intervention

Lehrkräfte und Eltern sollten sich bewusst sein, dass Anzeichen von rechtsextremem Gedankengut frühzeitig erkannt werden müssen. Warnsignale können beispielsweise sein

  • Veränderungen im Verhalten,
  • eine plötzliche Abkehr von Freunden und
  • vermehrte Nutzung extremistischer Online-Plattformen.

Hier ist eine sensible, aber entschlossene Intervention erforderlich, die auf Verständnis und Unterstützung basiert.

Werte vermitteln - Eltern als Vorbilder

Eltern sind die ersten Vorbilder für ihre Kinder. Es ist wichtig, dass sie Werte wie Toleranz, Empathie und Respekt aktiv vorleben. Sie tragen dazu bei, dass Kinder widerstandsfähiger gegenüber extremistischen Ideologien werden, beispielsweise durch

  • offene Kommunikation über aktuelle Themen,
  • die Förderung von Medienkompetenz und
  • die Ermutigung zur Selbstreflexion.

Fazit: Rechtsextremismus? Reden hilft!

Rechtsextremismus ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, die Lehrkräfte und Eltern aber auch alle anderen Menschen in unserer Gesellschaft gleichermaßen angeht. Die frühzeitige Erkennung von Anzeichen extremistischer Tendenzen, präventive Maßnahmen im schulischen und familiären Umfeld sowie eine offene Kommunikation sind entscheidend. Wir müssen reden - über gesellschaftliche und politische Probleme und das, was an der Schule, in der Klasse - analog oder digital - schiefläuft. Durch eine engagierte Zusammenarbeit können Lehrkräfte und Eltern gemeinsam dazu beitragen, eine stabile demokratische Gesellschaft zu formen, die auf Toleranz, Vielfalt und Respekt basiert. Es ist an der Zeit, die Dringlichkeit dieser Problematik anzuerkennen und aktiv dagegen vorzugehen!

Links und Quellen

Rechtsextremismus

https://www.demokratie-bw.de/rechtsextremismus

Rechtsextremismus - Begriff und Erscheinungsformen

https://www.verfassungsschutz.de/DE/themen/rechtsextremismus/begriff-und-erscheinungsformen/begriff-und-erscheinungsformen_artikel.html

AfD-Erfolg auf TikTok: „Kinder schrittweise radikalisieren“

https://www.morgenpost.de/politik/article241559204/AfD-Erfolg-auf-TikTok-Kinder-schrittweise-radikalisieren.html

Einer der erfolgreichsten Podcasts impft unsere Kinder mit radikalem Gedankengut – und keiner kriegt's mit

https://www.stern.de/gesellschaft/-hoss-und-hopf---podcast-verbreitet-afd-parolen-unter-jugendlichen-34443816.html?utm_source=pocket-newtab-de-de

Nazi-Memes im Klassenchat: Wie sollten Kinder, Eltern und Lehrkräfte reagieren?

https://www.rnd.de/beruf-und-bildung/nazi-memes-im-klassenchat-wie-sollten-kinder-eltern-und-lehrkraefte-reagieren-C675ZFR525E6XE6NYRMAOHE3BY.html?utm_source=pocket-newtab-de-de

Was machen wir denn jetzt?! – Zum Umgang mit rechten Inhalten in Klassenchats

https://bundesverband-mobile-beratung.de/wp-content/uploads/202301/2022-BMB-Handreichung-Was-machen-wir-denn-jetzt-Schule-Klassenchats.pdf

Beitrag teilen:
Themen:
Politik
Medienkompetenz
Social Media
Rechtsradikalismus / Rechtsextremismus; Kinderliteratur/Jugendliteratur
Gesellschaft
Über den Autor/die Autorin
Foto Christine Kammerer

Christine Kammerer, Politologin M. A., Heilpraktikerin (Psychotherapie), freie Journalistin und Trainerin. Berufliche Stationen: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Bundeszentrale für politische Bildung, Deutscher Kinderschutzbund.

Weitere Beiträge lesen