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Hilfe Geometrie – wie kann ich mein Kind unterstützen?

Vater lernt mit seiner Tochter am Schreibtisch für den Geometrieunterricht
Wissen und Bildung
© Africa images auf Canva Pro
von Jörg Sauer

Der Mathematikunterricht führt bei vielen Schülerinnen und Schülern häufig zu Herausforderungen. Diese treten nicht nur beim Rechnen auf, auch der Umgang mit Lienal, Zirkel und Millimeterpapier kann knifflig sein. Geometrie steht auf dem Stundenplan und sorgt für Stirnfalten? So können Sie Ihrem Kind mit geringem Aufwand unter die Schultern greifen.

Lesedauer:
7 min

Geometrie: von Punkten, Geraden und Winkeln

Geometrische Strukturen bietet die Natur in vielfältiger Weise. So erinnern uns Grashalme an Geraden oder Strecken. Ein Baumstamm kommt mit seinem Querschnitt einem Kreis nahe. Unzählige Muster begegnen uns in den verschiedensten Blattformen. Leicht lässt sich die Symmetrie der Blätter an einem Zweig erkennen.

Seit Urzeiten inspirierten diese Entdeckungen in der Natur die Menschen. Um die Welt und ihre räumlichen Strukturen zu beschreiben, hat sich die Geometrie, teils auch als Raumlehre bekannt, als Teilbereich der Mathematik entwickelt (siehe Quelle 1). Historische Belege gibt es viele, zum Beispiel sind bereits geometrisch gestaltete Ornamente auf Tongefäßen aus der Zeit 40.000 v. Chr. belegt (siehe Quelle 2).

Die Geometrie gilt als die älteste Wissenschaft der Welt und erlebte in der Antike eine Blütezeit. Der Begriff Geometrie geht auf das altgriechische Wort „geometria“ zurück. Dieses bedeutet Erdmessung oder Landmessung (siehe Quelle 1).

Geometrische Grunderfahrungen bei Kindern

Genau dieser Forschungsdrang, die Welt zu beschreiben, ist in der kindlichen Neugier verankert. Dadurch knüpft Ihr Kind erste Kontakte mit der Geometrie bereits „nebenbei“ zu Hause. Und Sie als Elternteil können diese Erfahrungen fördern und stärken.

 

Geometrie und Sprache

Sie können die Entwicklung Ihres Kindes aktiv mitgestalten. Bedeutsam ist bspw. Ihre Vorbildrolle in der Sprache. Dies kann im Alltag von Ihnen bewusst eingestreut werden – Ihr Kind wiederum, wird unbewusst gefördert:

  • Nutzen Sie Beschreibungen, wie: links, rechts, oben, unten, davor, dahinter, daneben, draußen, drinnen
  • Erhöhen Sie nach und nach den Schwierigkeitsgrad: links oben, rechts unten, usw.
  • Lassen Sie Ihr Kind die Lage von Gegenständen beschreiben:
    • Wo steht der Küchentisch?
    • An welcher Wand steht der Kühlschrank?
    • Was liegt auf dem Bett?
  • Beschreiben Sie genau, wo sich etwas befindet:
    • Die kleinen Teller befinden sich im großen Küchenschrank im linken unteren Fach.

Geometrie und Bauen

Lassen Sie Ihr Kind mit Bausteinen spielen. Sie sind eine Quelle der Inspiration und leisten einen Beitrag zur Entwicklung der Vorstellung. Außerdem kommen Kinder so bereits mit verschiedenen (dreidimensionalen) Formen in Berührung.

  • Kinder bauen sehr gern Türme, Häuser, Fantasiegebilde oder ihre Erlebnisse nach nach.
  • Lassen Sie Ihr Kind möglichst viel frei bauen. Es muss nicht alles perfekt sein.
  • Empfehlenswert sind u. a. Holzbausteine, Spiele mit Würfeln oder diverse Steckbausteine verschiedener Marken, wie bspw. Lego (Lego Duplo ab 1,5 Jahren und Lego ab etwa 6 Jahren)

Auch Alltagsgegenstände können für geometrische Grunderfahrungen sorgen. Nutzen Sie zum Bauen einfach alte Kartons oder leere Streichholzschachteln. Hier wird die Fantasie Ihres Kindes sicherlich eine große Unterstützung sein.

Viele Lernspiele sind Geometrie-basiert und greifen den Umgang mit verschiedenen Formen auf. Geometrische Lernspiele, bspw. das Tangram, fördern auf spielerische Weise das Verständnis für Formen, Raumlage und geometrische Zusammenhänge. Beim Legen und Kombinieren der einzelnen Teile entwickeln Kinder ein Gefühl für Größenverhältnisse, Symmetrie und räumliches Denken. Darüber hinaus wird die Feinmotorik geschult. Dies bildet eine gute Grundlage für den Mathematikunterricht.

Geometrie und Basteln sowie Zeichnen

Weitere geometrische Grunderfahren sind verknüpft durch den Umgang mit einer Schere. Achtung: Bei Linkshändigkeit sollten Kinder unbedingt eine Linkshänder-Schere nutzen.

Mit der Schere wird nicht nur das freie Schneiden geübt, es können auch Figuren oder Formen ausgeschnitten werden. Wir alle kennen selbst von früher noch die Papiersterne aus Scherenschnitt: hier entstehen durch gezieltes Falten und Schneiden völlig neue Formen.

Wenn Kinder den Umgang mit einer Schere erlernen, sollte unbedingt eine sichere Benutzung und auch Weitergabe an andere Personen geübt werden. Üben Sie dies gern gemeinsam.

Das Nutzen von Zeichengeräten wird in Bezug auf Geometrie spätestens im Mathematikunterricht zum Thema für Ihr Kind. Dazu zählen nicht nur das Lineal und Zeichen- oder Geo-Dreieck, sondern auch verschiedene Zeichenschablonen und selbstverständlich passende Stifte, die stets gut gespitzt sein sollten.

Ein besonderes Gerät ist der Zirkel. Er ermöglicht das Zeichen von Kreismustern mit jeweils dem gleichen Radius und kann präzise eingestellt werden. Achten Sie beim Kauf eines Zirkels darauf, dass die Schenkel feststellbar sind – das sorgt für genauere Ergebnisse und mehr Spaß beim Anwenden.

Geometrie im Mathematikunterricht

Im Mathematikunterricht spielt der Bereich Geometrie eine wichtige Rolle, da er Kindern hilft, Formen, Räume und deren Beziehungen zu verstehen.

In der Grundschule

Geometrie wird spielerisch und anschaulich vermittelt. Die Kinder lernen:

  • Grundformen erkennen und benennen: Kreis, Quadrat, Rechteck, Dreieck usw.
  • Raumorientierung: z. B. Lagebeziehungen wie „oben“, „unter“, „neben“ oder „zwischen“
  • Körper und Figuren: Würfel, Quader, Kugel – erste Erfahrungen mit dreidimensionalen Objekten
  • Messen und Zeichnen: Längen, Winkel und einfache geometrische Konstruktionen mit Lineal und Geodreieck

Ziel ist es, ein erstes räumliches Vorstellungsvermögen zu entwickeln und geometrische Zusammenhänge im Alltag zu erkennen.

In der weiterführenden Schule

Hier wird Geometrie systematischer und mathematisch anspruchsvoller behandelt:

  • Geometrische Konstruktionen: z. B. mit Zirkel und Geodreieck, Winkelhalbierende, Mittelsenkrechte
  • Berechnungen: Flächen- und Volumenberechnung von Figuren und Körpern
  • Satz des Pythagoras und Trigonometrie: wichtige Werkzeuge zur Lösung geometrischer Probleme
  • Koordinatengeometrie: Punkte, Geraden und Figuren im Koordinatensystem
  • Beweise und logisches Denken: z. B. geometrische Zusammenhänge begründen und nachvollziehen

Der Geometrieunterricht fördert das analytische Denken und die Fähigkeit, mathematische Probleme strukturiert zu lösen.

Geometrie um uns herum

Die Wahrnehmung können Sie als Familie im Alltag mit Ihren Kindern spielerisch schärfen: Wo steckt Geometrie drin? Nutzen Sie gemeinsame Spaziergänge, Wanderungen und Ausflüge, um solche Dinge zu entdecken.

Möglich wären:

  • Ein Spaziergang im Wohnort
    • Wie sind Straßen und befestigte Wege angelegt
    • Welche Muster ergeben Pflastersteine
    • Welche Formen entstehen an den Fassaden von Fachwerkhäusern
    • Wie sieht unsere Umgebung auf der Landkarte aus
  • Eine Wanderung im Wald
    • Welche Formen haben Baumscheiben mit Jahresringen
    • Welche Formen und Symmetrien sind auf Laubblättern zu finden
    • Wie verläuft die genaue Anordnung von Nadeln an einem Zweig
    • Wie sind die Wedel an einem Farn gewachsen
  • Ein Ausflug ins (Kunst-)Museum
    • Welche Muster ergeben Fliesen oder Parkett auf dem Boden
    • Wie ist die Wandgestaltung strukturiert
    • Welche Formen zeigen die Ausstellungsstücke

Wenn Sie noch aktiver mit Ihren Kindern werden wollen, eignen sich spielerische Ansätze besonders gut, um Kindern geometrische Grundkenntnisse zu vermitteln. Das mag vielleicht kompliziert klingen – muss es aber gar nicht sein. Wir haben tolle Tipps für Sie, für die kein didaktischer oder pädagogischer Hintergrund notwendig ist:

Geometrische Forscherkisten

Diese Kisten werden selbst gebastelt, bspw. aus alten Schuhkartons. In die fertige Box kann Ihr Kind alles legen, was es erforscht hat. Das können u. a. sein:

  • Fundstücke aus der Natur
    • Stöcke
    • Zweige
    • Steine
    • Muscheln
    • leere Schneckenhäuser
  • Materialien aller Art
    • Flaschenverschlüsse
    • kleine Kartons zum Zerlegen
    • Murmeln

Auch ideal für kleine Forschende: Eierpackungen als Sammelboxen benutzen! Hierbei kommt in jedes Fach ein besonderes Fundstück mit der passenden Eigenschaft: rund, glatt, eckig, stachlig, usw.

Lassen Sie der Fantasie Ihres Kindes freien Lauf.

Spiele

Passende Lernspiele mit Geometrie-Inhalten vermitteln geometrische Grundkenntnisse, indem sie Kinder spielerisch mit Formen, Größen und räumlichen Beziehungen vertraut machen und dabei das mathematische Denken fördern.

Es müssen aber nicht nur fertige Materialien zum Einsatz kommen. Lassen Sie Ihr Kind eigene Spiele bauen oder erfinden – hier ist wieder Kreativität gefragt! Mögliche Ideen sind:

  • Fühlsäckchen oder Fühlkisten gefüllt mit unterschiedlichsten Gegenständen
    • So kann auch die selbst angelegte Forscherbox zum Spiel mit anderen Kindern oder der Familie werden
  • Ich sehe was, was du nicht siehst, und das hat die Form eines grünen Quaders…“

Geometrische Kunstwerke

Der Ausflug in ein Kunstmuseum regt nicht nur zur bewussten Wahrnehmung geometrischer Elemente vor Ort an: hier finden sich viele Inspirationen für zu Hause.

  • Entdecken Sie gemeinsam mit Ihren Kindern die Werke von Paul Klee: Ideen für die Gestaltung von eigenen Collagen
  • Wandeln Sie gemeinsam auf Hundertwassers Spuren, bspw. am Bahnhof in Uelzen: Inspiration zum Zeichnen und Gestalten von ungewöhnlichen Häusern
  • Verbindung von Kunst, Natur und Geometrie: gesammelte Naturmaterialien werden zu Hause zu einem geometrisch gestalteten Kunstwerk

 

Fazit

Eltern können ihre Kinder gezielt in geometrischen Grunderfahrungen fördern, indem sie Formen und räumliche Zusammenhänge spielerisch in den Alltag integrieren – etwa beim Bauen mit Bauklötzen, Zeichnen, Basteln oder gemeinsamen Erkunden von Karten und Wegen. So entwickeln Kinder ganz nebenbei ein Gefühl für Raum, Lage und Struktur.

Wenn Geometrie als etwas Alltägliches und Kreatives erlebt wird, verlieren Kinder die Scheu vor dem Thema im Mathematikunterricht. Mit Neugier und Selbstvertrauen gehen sie dann auch komplexeren Aufgaben offen und motiviert entgegen.

 

 

Quellen

(1) https://de.wikipedia.org/wiki/Geometrie

(2) Prof. Dr. Christoph J. Scriba, Prof. Dr. Peter Schreiber; 5000 Jahre Geometrie, Springer- Verlag, Berlin, Heidelberg, New Yorck, 2005, Seite 6

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Themen:
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Über den Autor/die Autorin
Autor Jörg Sauer

Jörg Sauer ist ausgebildeter Grundschullehrer und unterrichtet seit über 20 Jahren an einer Schule. Neben der Lehrertätigkeit führte er in den vergangenen Jahren zahlreiche Weiterbildungen über die Nutzung von Neuen Medien im Unterricht durch.

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