Entdecken, erleben, begreifen

Entdecken, erleben, begreifen
Kinder sind von Natur aus kleine Entdecker – voller Neugier und Forscherdrang. Sie wollen die Welt mit allen Sinnen erleben, Neues erforschen und verstehen. Indem wir Entdecken, Erleben und Begreifen miteinander verbinden, öffnen wir Kindern Türen zu spannenden Lernwelten. Schon mit einfachen Dingen aus dem Alltag und bewusster Förderung können wir ihre Entwicklung gezielt unterstützen und sie auf ihrem Weg zu selbstbewussten, kreativen und neugierigen Persönlichkeiten begleiten. Lassen Sie sich inspirieren, wie Sie diese natürliche Begeisterung wecken und begleiten können!
Entdecken – Erleben – Begreifen: Die Welt mit Kinderaugen sehen
Besonders jüngere Kinder besitzen meist einen großen „Forscherdrang“. Sie wollen Neues entdecken, erleben und ausprobieren, was hinter den Dingen steckt. Doch was heißt das konkret?
Entdecken bedeutet, etwas Neues oder Unbekanntes wahrzunehmen – sei es in der Natur, im Alltag oder im Lernen. Es kann geplant oder zufällig geschehen und weckt besonders bei Kindern Neugier und Freude. In der Pädagogik steht entdeckendes Lernen für eine Methode, die eigenständiges Forschen und Beobachten fördert.
Erleben beschreibt die inneren, subjektiven Vorgänge eines Menschen – wie Denken, Wahrnehmen, Fühlen und Bedürfnisse. Jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Ereignisse, da Erleben stark von individuellen Eindrücken geprägt ist (2)(3).
Begreifen meint das sinnliche und geistige Erfassen der Welt.
Es beginnt mit körperlicher Wahrnehmung, vor allem über die Haut, und entwickelt sich hin zum Verstehen von Formen, Materialien, Zusammenhängen und sogar Gefühlen oder Denkweisen anderer.
Der Dreiklang aus Entdecken, Erleben und Begreifen bildet die Grundlage eines ganzheitlichen Bildungsansatzes, geprägt von Pestalozzi, der Kopf, Herz und Hand miteinander verbindet.
Diesen natürlichen Impuls, mit der Umwelt zu interagieren, gilt es zu wecken, wahrzunehmen und gezielt zu fördern. Gerade die ersten fünf Lebensjahre gelten wissenschaftlich als besonders entscheidend für die neurologische Entwicklung (8).
Es braucht dazu keine großen Ausflüge oder Projekte. Vielmehr liegt der Schlüssel in den kleinen, alltäglichen Erlebnissen: im Staunen, Beobachten, Fühlen, Nachfragen und Ausprobieren.
Die unmittelbare Umgebung als Lernort
Kinder beginnen schon früh, ihre Umgebung aktiv zu erkunden – oft zuerst in der Küche. Ein unterer Schrank mit ungefährlichen Gegenständen kann ein erstes „Forschungsfeld“ sein. Durch Aus- und Einräumen, Sortieren und Spielen erfährt das Kind wichtige Zusammenhänge. Hier lässt sich bereits auf einfache Weise Ordnung und Struktur spielerisch anbahnen.
Spielen ist Lernen
Spiel ist keine bloße Beschäftigung, sondern ein zentraler Entwicklungsprozess. Dabei stärken Kinder ihr Selbstvertrauen, schärfen ihre Sinne, trainieren Ausdauer, Genauigkeit und entwickeln soziale Kompetenzen. Auch der Umgang mit Fehlern und Missverständnissen wird im Spiel erlernt.
Perfektes Spielzeug ist nicht notwendig – oft reichen einfache Alltagsmaterialien wie Kartons, Decken, Kissen oder Stöcke. Daraus entstehen fantasievolle Bauwerke wie Türme, Häuser oder Höhlen. Kinder sind hier oft sehr erfinderisch.
Wasser – ein Magnet für Kinder
Ob Badewanne, Pfütze oder Bach – Wasser übt eine große Faszination aus. Kinder füllen Flaschen, testen, was schwimmt oder sinkt, bauen Dämme oder lassen selbst gebastelte Boote fahren. Auch Erwachsene entdecken dabei oft wieder ihre eigene Neugier.
Natur erleben: Wald und Wiese als Entdeckungsräume
Der Wald bietet unzählige Möglichkeiten zum Forschen: Wie riecht der Wald? Wie fühlt sich Moos oder Baumrinde an? Wie sieht ein Fliegenpilz aus? Das Sammeln von Pilzen oder der Bau von Hütten mit Ästen sind Erlebnisse, die Kinder tief beeindrucken. Auch Wiesen und Feldraine laden zum Entdecken ein – etwa beim Lauschen mit geschlossenen Augen oder beim Beobachten von Pflanzen und Tieren (bitte geschützte Arten beachten!).
Museen und Burgen zum Mitmachen
Viele Museen bieten mittlerweile interaktive Mitmachangebote für Kinder. Klassische Führungen eignen sich meist weniger, da Kinder lieber aktiv erleben und ausprobieren. Auch der Besuch von Burgen oder Schlössern kann spannend sein – wenn er kindgerecht gestaltet wird.
Forscherkisten gestalten
Eine Forscherkiste ist schnell gemacht: Ein einfacher Karton, von Ihrem Kind gestaltet, kann zur Schatztruhe für gesammelte Fundstücke werden. Achten Sie darauf, regelmäßig hineinzusehen, damit nichts verdirbt. Auch Fühlkisten sind beliebt – sie fördern die Wahrnehmung und regen zum genauen Erforschen an.
Sie kennen Ihr Kind und seine Interessen am besten. Es gibt zahlreiche Experimentierkästen, die Neugier gezielt unterstützen – angepasst an Alter und Interessen.
Kinder-Uni & Co.: Bildung entdecken
Viele Hochschulen und Universitäten bieten heute sogenannte Kindervorlesungen oder spezielle Mitmachangebote. Lassen Sie Ihr Kind in diese besondere Atmosphäre hineinschnuppern – vielleicht entdeckt es hier ein neues Hobby oder sogar eine Leidenschaft, die sein späteres Leben prägt. Informieren Sie sich, welche Angebote es in Ihrer Umgebung gibt.
Fazit
Setzen Sie Vertrauen in Ihr eigenes Kind, Sie werden staunen. Herausforderungen gilt es anzunehmen. Das stärkt Ihr Kind ungemein. So schrieb der deutsche Naturforscher Alexander von Humboldt (1769 bis 1859) am 25. April 1849 an König Friedrich Wilhelm IV von Preußen. „Das Schwierige scheint mir nie unmöglich“ (9).
Ein kurzer Blick in das Geschichtsbuch
Bereits in den Überlegungen des griechischen Philosophen Planton (427 bis 347 v.Chr.) war das Ziel die: „Gesamtpersönlichkeit […] in ihrem Streben nach dem Wahren, Schönen, Guten, sowie nach Weisheit und Vernunft“ (4).
Im 18. Jahrhundert bekam die Pädagogik schließlich und endgültig einen gewaltigen Aufschwung. Der Schweizer Pädagoge Johann Heinrich Pestalozzi (1746 bis 1827) ist einer der bekanntesten Vertreter. Grundsätzlich ging es ihm darum, ein stabiles Fundament zu legen. Der Mensch sollte befähigt werden, sich selbst zu helfen.
Pestalozzi ging es darum, die in den Kindern ruhenden Kräfte sowie Anlagen zu entdecken und zu fördern. Er erkannte u. a.: „Zeitfenster der neuronalen Reifung“ (5) welche für die Entwicklung von Säuglings- Kleinkindern wichtig sind.
Pestalozzi wand das Dreigestirn von „Kopf, Herz und Hand“ bei der Entwicklung von Kindern unterstützend an. Er verstand darunter den: „ Intellekt, Sitte und sprachliche Fähigkeiten“(6) Einen ähnlichen Ansatz verfolgte später die italienische Ärztin und Reformpädagogin Maria Montessori (1870 bis 1952) Ihr Ausspruch: „Hilf mir, es selbst zu tun.“ (7) drückt kurz ihre grundlegende Idee aus.
Linktipps
- https://www.fh-kiel.de/index.php?id=8797
- https://www.dasgehirn.info/wahrnehmen/fuehlen/die-welt-begreifen
- https://www.fruehe-bildung.online/
- https://www.annaberg-buchholz.de/media/Flyer_Museumspaedagogik_final.pdf
- https://www.tu-chemnitz.de/tu/kinderuni/
- https://www.ku-dresden.de/
- https://www.hs-harz.de/hochschule/offener-campus/kinderhochschule/
Quellen
(1) Johann Wolfgang von Goethe, Faust, Der Tragödie erster Teil, Reclam, 36. Auflage, Seite 17f
(2) http://lernen.psycho-wissen.net/verhalten-und-erleben/index.html
(3) ebd.
(4) https://de.wikipedia.org/wiki/Humanistische_P%C3%A4dagogik
(5) https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Heinrich_Pestalozzi
(6) ebd.
(7) https://de.wikipedia.org/wiki/Montessorip%C3%A4dagogik
(8) Prof. Dr. Wassilios E. Fthernakis, Aus MINT wird MNKT in didakta, 04/18, Seite 8
(9) http://www.avhumboldt.de/?p=6527

Jörg Sauer ist ausgebildeter Grundschullehrer und unterrichtet seit über 20 Jahren an einer Schule. Neben der Lehrertätigkeit führte er in den vergangenen Jahren zahlreiche Weiterbildungen über die Nutzung von Neuen Medien im Unterricht durch.