Inklusion – gescheitert?

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von Ulrike Lindner
Vor einigen Jahren mit großem Tamtam an bundesdeutschen Schulen eingeführt, ist von der Inklusion heute noch wenig zu hören. Wenn es das Thema in die Nachrichten schafft, dann meistens mit einem nachdenklichen Unterton. Im Alltag zeigen sich vielerorts vor allem die Schwierigkeiten des Gedankens, der in der UN-Behindertenkonvention von 2006 formuliert worden war. Danach sollen gesunde und behinderte, begabte und entwicklungsverzögerte, lernschwache und verhaltensauffällige Kinder gemeinsam unterrichtet werden.
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Vor einigen Jahren mit großem Tamtam an bundesdeutschen Schulen eingeführt, ist von der Inklusion heute noch wenig zu hören. Wenn es das Thema in die Nachrichten schafft, dann meistens mit einem nachdenklichen Unterton. Im Alltag zeigen sich vielerorts vor allem die Schwierigkeiten des Gedankens, der in der UN-Behindertenkonvention von 2006 formuliert worden war. Danach sollen gesunde und behinderte, begabte und entwicklungsverzögerte, lernschwache und verhaltensauffällige Kinder gemeinsam unterrichtet werden.

Wie so oft zeigen sich die Probleme der Inklusion im Alltag. Während viele Pädagogen und Eltern im Prinzip darin übereinstimmen, dass alle davon profitieren, wenn Kinder mit unterschiedlichen Leistungsniveaus gemeinsam lernen, widerlegt die Praxis diesen Ansatz oft genug. Das Problem ist oft finanzieller Natur: Mangelnde Ausstattung mit den benötigten Mitteln behindert die Inklusion an vielen Stellen.

Fehlende Ausstattung macht vielen zu schaffen


Schwierig wird es vor allem immer dann, wenn nicht ausreichend Fachkräfte für die Betreuung der Schüler zur Verfügung stehen. Die Gewerkschaft Erziehung Wissenschaft (GEW) fordert zum Beispiel eine durchgängige Doppelbesetzung in Inklusionsklassen – die aber keinesfalls gegeben ist. Stattdessen kommen Sonderpädagogen teilweise nur stundenweise in die Klassen, um Inklusionskinder zu betreuen.

Erziehungswissenschaftler weisen darauf hin, dass neben einer ausreichenden Personaldichte auch gut gemischte Klassen, eine gute räumliche Ausstattung, die Ausbildung der Lehrer, ihre kontinuierliche Fortbildung und die richtigen pädagogischen Konzepte wichtige Erfolgsfaktoren für ein Gelingen des Inklusionsgedankens seien. Doch auch hier zeigt sich Nachholbedarf. Vielen Pädagogen fehlt schlicht das Handwerkszeug, um die Inklusion in ihren Klassen erfolgreich umzusetzen. Bei einer Umfrage des Allensbacher Meinungsforschungs-Instituts aus dem Jahr 2013 erklärten drei von vier befragten Lehrern, sie seien nicht ausreichend ausgebildet, um die Inklusion umzusetzen. Viele von ihnen fühlen sich überfordert und von der Politik allein gelassen, so ein Ergebnis der Befragung.

Nachholbedarf bei der Inklusion


Auch viele der Förderschulen mit ihren exzellent und hochdifferenziert ausgebildeten Pädagogen, an denen behinderte Kinder bislang unterrichtet wurden, kämpfen mit den Veränderungen. Da Mittel nun anders als zuvor verteilt werden und die Inklusion generell Vorrang genießt, werden hier Lehrer abgezogen und unterrichten nun an anderen Schulen oder die Förderschulen werden gleich ganz geschlossen und ihre Schüler an den Regelschulen eingeschult.

Eines steht fest: Fast alle Regelschulen haben deutlichen Nachholbedarf, wenn die Inklusion nicht scheitern soll. Ausreichende Ressourcen müssen geschaffen werden, denn ohne sie, darin sind sich viele Fachleute einig, kann es nicht funktionieren. Sowieso lässt sich derzeit noch nicht absehen, ob das Modell Inklusion zum gewünschten Erfolg führt – für eine fundierte Beurteilung ist der Zeitraum zu kurz. Der Prozess allerdings, der durch die Einführung der Inklusion in Gang gekommen ist, lässt sich nicht mehr aufhalten. Trotz aller Schwierigkeiten beurteilen das viele Bildungsforscher, Erziehungswissenschaftler, Politiker und Eltern als durchaus positiv.
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Über den Autor/die Autorin

Ulrike Lindner hat Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der Hochschule der Künste, Berlin, studiert. Sie arbeitet als freie Journalistin, Werbetexterin und Moderatorin.

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