Keiner mag mich!?

Entwicklung und Erziehung
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Spielen, toben, gemeinsam Hausaufgaben machen, Geheimnisse tauschen und Erfahrungen sammeln: Freunde haben für Kinder eine wichtige Bedeutung. Doch (fast) in jeder Klasse gibt es ein Kind, das nicht so recht Anschluss findet.
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Die Bedeutung der Freundschaft Mit den Kumpels in der Pause auf dem Schulhof Fußball zocken, mit den besten Freundinnen das Frühstücksbrot tauschen: Freundschaften unter Kindern stärken das Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl, denn wer Freunde hat, fühlt sich der gleichaltrigen Gemeinschaft zugehörig. Während im Kindergartenalter Sandkastenfreundschaften noch täglich wechseln, die Kinder mit fast jedem Spielkameraden vergnügliche Stunden verbringen können, werden die freundschaftlichen Bande ab der Grundschule langsam stärker und verbindlicher. Jetzt verabreden sich Kinder oft immer mit demselben Kind - manchmal entsteht daraus sogar eine Freundschaft fürs Leben.

Während im Kinderalter bis 10-12 Jahre noch der Spielimpuls im Vordergrund steht, verlagert sich im frühen Jugendalter die Bedeutung der Freundschaft auf die gemeinsam verbrachte Zeit und den Gedanken- und Erfahrungsaustausch. Soziologen sprechen hier von der "Peer Group", der jugendlichen Bezugsgruppe, die eine wichtige Sozialisationsinstanz beinhaltet: Die Freundschaft zu Gleichaltrigen stärkt und unterstützt beim Erwachsenwerden.

Freundschaft entsteht durch Interesse Während das Nachbarskind jeden Tag mit seinen Freunden durch den Garten flitzt, sitzt das eigene Kind alleine in seinem Zimmer und spielt. Die Zurückgezogenheit des Kindes macht Eltern Sorgen und lässt die berechtigte Frage stellen: Was ist überhaupt normal?

Jedes Kind ist anders. Während sich manche Kinder keine fünf Minuten alleine beschäftigen können, sind sich andere selbst genug. Wenn ein Kind sich selten verabredet, muss das deshalb noch kein schlechtes Zeichen sein. Gründe gibt es viele. Oft haben Kinder sich schon am Vormittag in der Schule so ausgepowert, dass sie nachmittags gerne ihre Ruhe haben. Wichtig ist immer, dass das Kind zufrieden ist, dafür kann auch der Kontakt zu Gleichaltrigen innerhalb der Schule vollkommen ausreichend sein.

Eltern sollten deshalb keine Verabredungen in Eigenregie treffen, nur um das Kind zu Freundschaften zu ermuntern. Diese sollten sich möglichst von alleine entwickeln und aus dem Interesse des Kindes entspringen. Bei sehr schüchternen Kindern kann allerdings die Förderung von Hobbies, z.B. ein Vereinseintritt, oder die Beteiligung der Eltern bei Spielgruppen, Familiennachmittagen, etc. helfen, Barrieren abzubauen.

Wie man Probleme erkennt Wenn Kinder Probleme haben, Freundschaften mit Gleichaltrigen zu knüpfen, ist es wichtig, dass Eltern und Lehrer das Kind unterstützen. Gerade im Grundschulbereich kann hier noch gezielt eingegriffen und geholfen werden.

Die Kernfragen dabei lauten:
Warum fällt es dem Kind schwer, Beziehungen aufzubauen?
Und: Warum distanzieren sich die anderen Kinder?

Diese Fragen helfen:
  • Ist das Kind schüchtern oder still?
  • Ist das Kind wild und sehr lebhaft?
  • Überfordert es die anderen Kinder?
  • Kann das Kind Kompromisse eingehen?
  • Nimmt es Rücksicht auf die anderen?
  • Kann es andere ausreden lassen und zuhören?
  • Kann das Kind Dinge abgeben und teilen?
  • Erkennt und akzeptiert es Grenzen?
  • Bietet es seine Hilfe und Unterstützung an?


Für ein umfassendes Bild sorgt ein Eltern-Lehrer-Gespräch. So erhalten beide Parteien ein umfassendes Bild über die jeweilig andere Lebenssituation und können gemeinsam unterstützende Strategien entwickeln.

Sanft fördern und begleiten Um Kinder beim Aufbau von Freundschaften zu unterstützen, braucht es viel Geduld und Bestärkung seitens der Eltern und Lehrer.

Grundlage ist ein Gespräch mit dem Kind, um gemeinsam die Gründe für das Alleinsein herauszufinden: Warum verabredest du dich so selten? Gibt es Probleme mit anderen Kindern? Was wünschst du dir? Mit wem wärst du gerne befreundet und was hindert dich daran?

Ganz wichtig ist es jetzt, die Situation nicht zu dramatisieren, sondern den Blick auf die positiven Veränderungen zu lenken: Was glaubst du, könntest du machen, damit die anderen mehr mit dir spielen? Hast du vielleicht eine Idee, was du in Zukunft etwas besser machen könntest? Was kannst du konkret tun, um mehr Kontakte zu bekommen?

Hilfreich kann es auch sein, einen kurzen Blick auf Situationen zu werfen, in dem es Probleme mit Gleichaltrigen gab, z.B ein Streit oder Konflikt. Es ist wichtig, dass Kinder verstehen, warum andere enttäuscht sind oder sich zurückgezogen haben. Nur so können sie aus Fehlern lernen.

Hierbei gilt: Fehler bitte nicht durch Negativaussagen, wie "Kein Wunder, dass mit dir bei so einem Verhalten keiner spielt!" verstärken, sondern lieber positive Mutmach-Sätze anwenden: "Du bist doch clever, dass machst du in Zukunft sicher viel besser!"

Wichtig ist auch eine Vorbild-Funktion der Eltern: Freundschaftsrelevante Werte, wie Rücksichtnahme, Respekt, Interesse und Konfliktfähigkeit lernen Kinder jeden Tag im Zusammenspiel mit ihren Eltern.

Wenn der Rückzug andere Gründe hat Wenn Kinder sich plötzlich stark zurückziehen, Freunde vernachlässigen und viel Zeit alleine in ihrem Zimmer verbringen, müssen Eltern achtsam sein: Was kann zu dieser Veränderung geführt haben? Hinter dem Rückzug können familiäre Probleme, wie Scheidung, Streit oder Trauer stehen, aber auch grundlegende Probleme in der Schule, z.B. Mobbing oder schlechte Zensuren. Gibt das Gespräch mit dem Kind keinen Aufschluss über die Ursachen, müssen Eltern Kontakt zu Lehrern und/oder Klassenkameraden aufnehmen.

Links zum Thema "Warum brauchen Kinder Freunde"
Artikel im Familienhandbuch:
www.familienhandbuch.de/cmain/f_Fachbeitrag/a_Kindheitsforschung/s_1296.html

"Die Bedeutung von Kinderfreundschaft und Kinderstreit für die Identitätsentwicklung"
Text von Margarete Blank-Mathieu:
www.kindergartenpaedagogik.de/1266.html

"Wir wollen immer Freunde bleiben"
Artikel in der Berliner Morgenpost:
www.morgenpost.de/familie/article1513203/Wir-wollen-immer-Freunde-bleiben.html


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