Aufgetischt: Warum gemeinsame Mahlzeiten stark machen

Entwicklung und Erziehung
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von Ulrike Lindner
Gemeinsame Mahlzeiten sind ein wichtiges Familienritual. Sie stehen (oft) für ein funktionierendes Familienleben. Wo sich Menschen regelmäßig an einen Tisch setzen, bilden sich Beziehungen, die Suchtverhalten im Wege stehen können.
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Kann Essen Drogenmissbrauch verhindern? Offenbar schon, jedenfalls dann, wenn es in der richtigen Gesellschaft stattfindet. Forscher der amerikanischen Columbia Universität haben kürzlich herausgefunden, dass Teenager, die nur zweimal pro Woche mit der Familie essen, ein höheres Risiko haben, drogenabhängig zu werden, als Kinder, die mindestens fünfmal pro Woche mit Eltern und Geschwistern speisen.

Andere Studien haben einen Zusammenhang zwischen dem Essverhalten und schlechten Noten, der Neigung zu Essstörungen und erhöhten Cholesterinwerten nachgewiesen. Der Grund liegt auf der Hand: Gemeinsame Mahlzeiten sind ein wichtiges Familienritual. Sie stehen (oft) für ein funktionierendes Familienleben. Wo sich Menschen regelmäßig an einen Tisch setzen, bilden sich Beziehungen, die Suchtverhalten im Wege stehen können.

Das lernen wir von der gemeinsamen Mahlzeit

Soviel ist klar: Beim Essen geht es um mehr als um Kalorien und Energiezufuhr. Während der Mahlzeiten mit Eltern, Geschwistern und vielleicht sogar Großeltern lernen Kinder ganz nebenbei vieles, von dem sie ihr Leben lang profitieren. Zum Beispiel:

Soziale Kompetenz
Nur noch ein Stück Fleisch ist übrig und beide wollen es haben? Macht nichts, dann wird eben geteilt. Ganz nebenbei vermittelt das Miteinander, dass nicht immer die eigenen Bedürfnisse im Vordergrund stehen müssen.

Warten können
Hungrig aus der Schule gekommen und die Kartoffeln dampfen auf dem Tisch? Trotzdem fangen wir nicht gleich an. Erst wenn alle am Tisch sitzen, beginnt die Mahlzeit. Was das bringen soll? Na klar, Rücksichtnahme, Höflichkeit, Warten können.

Neue Eindrücke, gesunde Kost
Was ist das denn? Aubergine? Sardelle? Parfait? Nie gehört? Dann probier’ doch wenigstens mal ein Häppchen. Untersuchungen zeigen auch, dass der als Kind erworbene Geschmack oft ein Leben lang anhält. Wer sich also frühzeitig an gesunde Kost gewöhnt, greift auch als Erwachsener eher zur Karotte als zur Currywurst.

Rituale, die Halt geben
Beim Geruch von Kartoffelpuffern fühlen Sie sich wie bei Muttern? Das ist gut so! Denn typische Familienspeisen sind ein Stück Identität, die Halt geben kann. Wer erinnert sich nicht an bestimmte Geschmäcker oder Gerüche seiner Kindheit? Was und wie eine Familie isst, sagt viel aus über die Werte, die in dieser Gruppe gelten. Gute Zutaten, ausgewogene Ernährung, Spaß beim Essen – wer das als Kind erlebt, profitiert ein Leben lang.

So langen alle gern zu: Tipps für gelungene Mahlzeiten im Familienkreis

Damit die Familienmahlzeit zum Dauerbrenner wird, sollten alle gern daran teilnehmen. Um das zu gewährleisten, helfen folgende Tipps:

Verlässlichkeit wahren
Feste Zeiten und Räume sind wichtig. Gemeinsame Mahlzeiten sollten möglichst immer zum gleichen Zeitpunkt am gleichen Ort stattfinden. Nur so entsteht Verbindlichkeit und Regelmäßigkeit, auf die sich alle verlassen können.

Gleichberechtigt sein
Entscheiden Sie gemeinsam, was auf den Tisch kommt – jeder darf Wünsche äußern. Allerdings liegt die Verantwortung für eine gesunde, ausgewogene Ernährung bei den Eltern.

Gemeinsam vorbereiten
Alle Familienmitglieder beteiligen sich an der Vorbereitung, z.B. Tisch decken, Rohkost schneiden. Das stärkt das Gemeinschaftsgefühl und Kinder lernen so ganz nebenbei allerhand über Ernährung.

Gespräche zulassen
Der Fernseher bleibt aus – Essen vor der Glotze ist Kommunikationskiller Nr. 1. Dagegen sind Reden und Lachen ausdrücklich erwünscht – bei Tisch ist die beste Gelegenheit, miteinander zu reden und am Alltag der anderen teilzuhaben. Eine lockere und angenehme Essens-Atmosphäre ist ein wichtiger Beitrag bei der Erziehung zur Genussfähigkeit.

Appetitlich bleiben
Manieren sind kein alter Hut. Auch wenn es heute nicht mehr so streng zugeht wie zu Großmutters Zeiten – einige Tischregeln machen Sinn. Zum Beispiel die, dass alle sitzen bleiben, bis die Mahlzeit beendet ist und dass dann gemeinsam abgeräumt wird. Oder dass nicht abwertend über das Essen gemeckert wird.
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Über den Autor/die Autorin

Ulrike Lindner hat Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der Hochschule der Künste, Berlin, studiert. Sie arbeitet als freie Journalistin, Werbetexterin und Moderatorin.

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