„Läuft euer Kind immer noch nicht?“ - Wettstreit unter Eltern

Entwicklung und Erziehung
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von Manon Sander
Sätze, wie „Trinkt sie immer noch aus der Flasche?" und „Meiner spricht aber schon seit drei Wochen das Wort Zitronenlimonade sehr gut aus!“ können Eltern, deren Kinder noch nicht so weit sind, ziemlich verunsichern.
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Sätze, wie „Schläft er denn noch nicht durch?“ und „Trinkt sie immer noch aus der Flasche?" und „Meiner spricht aber schon seit drei Wochen das Wort Zitronenlimonade sehr gut aus!“ können Eltern, deren Kinder noch nicht so weit sind, ziemlich verunsichern. Doch was soll man tun?

Gute und schlechte Nachricht

Zunächst einmal die gute Nachricht: Es ist in den meisten Fällen völlig normal, dass Kinder einiges schneller und anderes langsamer erlernen. Wir Menschen sind alle verschieden und wer selbst auf sein bisheriges Leben zurückschaut, wird schnell merken, dass manche Dinge leichter und schneller erlernt wurden und andere wiederum nicht klappten und Probleme bereiteten.
Nun die schlechte Nachricht: Der Wettstreit unter Eltern wird nie enden. Es geht um Fortschritte in der Schule, es geht um Noten, um die Wahl der Sport- und Musikart, um Freunde. Es geht um Berufsausbildung und auch um die Stellung im Beruf. Danach kommt die Wohnsituation dazu und letztendlich wird es um die Zahl der Enkelkinder und deren Fortschritte gehen.
Einen weiteren interessanten Beitrag dazu finden Sie hier.

Die Grenze zwischen Normalität und Auffälligkeit

Es ist so, dass vieles einfach normal ist. Es gibt Kinder, die laufen schon, bevor sie ein Jahr alt sind. Und andere Kinder krabbeln mit 18 Monaten immer noch. Beides ist normal. Solange ein Kind sich bewegt und aktiv ist, macht es nichts, wenn es seine Welt auf allen Vieren erobert.
Für Eltern ist es oft schwer zu erkennen, ob alles im normalen Bereich liegt oder ob vielleicht ein Rückstand gegenüber Gleichaltrigen auffällig sein könnte. Eltern, die Angst haben, dass bei ihren Kinder etwas nicht in Ordnung ist, sollten einen Kinderarzt aufsuchen. Oft können Physiotherapie, Logopädie oder auch Ergotherapie eine Hilfe sein. Das ist keine Deklassierung oder ähnliches, sondern eine Unterstützung. Kinder haben oft Spaß an solchen Therapien und empfinden es nicht als Belastung. Trotzdem sollten Eltern sich nicht bei jedem Vergleich verrückt machen lassen.

Kinder sind verschieden

Es gibt Kinder, die fangen sehr früh an zu laufen und fallen dabei immer wieder hin. Sie stehen auf, machen drei weitere Schritte und fallen wieder hin. Ein anderes Kind krabbelt sehr lange, steht plötzlich auf und läuft, ohne hinzufallen. Das dritte Kind beginnt auch sehr spät, fällt immer wieder hin und bleibt dann lange sitzen, bevor es die nächsten Schritte macht. Wer von den dreien einmal der schnellste Läufer sein wird, ist dadurch noch gar nicht abzusehen.

Kinder sollten nicht verglichen werden

Natürlich ist jede Mutter und auch jeder Vater stolz darauf, wenn das eigene Kind etwas Neues kann. Es ist aber viel besser, das Kind zu loben, das Kind zu fördern und sich darüber zu freuen, wenn etwas gut geklappt hat, als es mit anderen Kindern zu vergleichen. Jedes Kind ist individuell und hat seinen ganz eigenen Rhythmus. Den sollte man auch jedem zubilligen.

Auf Durchzug schalten oder ablenken

Wenn andere Kinder von ihren Eltern über alles gelobt werden, dann sollte man ruhig mal auf Durchzug schalten. Natürlich ist jeder froh über Fortschritte zu berichten, problematisch wird es aber in dem Moment, in dem das eigene Leben der Eltern in den Hintergrund rückt und nur noch die Fortschritte des Kindes zählen. Wenn es sich um wirklich gute Freunde handelt, kann man eventuell durch Ablenkung etwas erreichen, indem man den Kuchen lobt oder den neuen Haarschnitt; etwas, was die Eltern allein betrifft und eben nicht das Kind.

Anregungen geben, aber nicht zwingen

Sprechen lernen Kinder durch zuhören und nachsprechen. Es lohnt sich also mit Kindern viel zu reden. Doch trotzdem gibt es auch sprachfaule Kinder, die es schaffen, sich sehr lange mit einsilbigen Lauten zu verständigen. Aber auch sie können irgendwann in ganzen Sätzen sprechen.

Manchmal sind die Maßstäbe auch Auslegungssache

Wer sich darüber wundert, dass andere Kinder schon mit 3 Monaten durchschlafen und mit 18 Monaten keine Windel mehr benötigen, der sollte sich auch anschauen, wie denn diese Vorgänge definiert werden. Manche Eltern reden von „Durchschlafen“, wenn die Kinder nachts ohne zu schreien im elterlichen Bett gefüttert werden und dann wieder einschlafen. Andere Kinder sitzen sehr viel auf dem Töpfchen, ohne ihre Blasenfunktion selber steuern zu können, und der Wischeimer steht immer in erreichbarer Nähe. Und mal ganz ehrlich: Das mit großem Stolz erkannte Wort „Eukalyptusbonbon“ entpuppt sich bei genauerem Hinhören eher als eine Folge von verschiedenen „eh“ und „ehm“-Lauten.

Es gilt also auch hier: Ruhig bleiben!

Auf dieser Webseite gibt es einen Überblick darüber, wie sich Kinder ihrem Alter entsprechend entwickeln sollten.
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Über den Autor/die Autorin
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Manon Sander ist Mutter von 6 Kindern und außerdem Autorin für Fach- und Kinderbücher.

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